wortwechsel
: Schwarze Pädagogik und Unschuldsvermutung

Wird Comedian Luke Mockridge vorverurteilt? Was es bedeutet, jemanden zu erziehen. Der Wahlspot der Grünen wird von der taz neu interpretiert, die Meinungen dazu sind gemischt

Jugendpsychiater Michael Winterhoff Foto: imago

Überzeugter Wähler

„Warum wir nicht wählen“,

taz vom 22. 8. 21

Die Logik der NichtwählerInnen kann ich als überzeugter Wähler nicht nachvollziehen. Bei dem mittlerweile wirklich großen und vielfältigen Parteienangebot müsste doch für fast alle etwas dabei sein. Die Argumente sind zum Teil begreiflich, aber auch vollkommen daneben. Mein Tipp für alle NichtwählerInnen, die doch etwas bewegen wollen. Geht zur Wahl und wählt ungültig. Es macht einen großen Unterschied, ob es in den Wahlanalysen heißt, 40 Prozent haben nicht gewählt oder haben ungültig gewählt. Ungültig wählen ist ein aktives Statement an die Politik. NichtwählerInnen werden von der Politik achselzuckend ignoriert. Ich bin der festen Überzeugung, dass bei vielen ungültigen Stimmabgaben eine andere Wahrnehmung, auch medial, stattfände.

Wolfgang Wedel, Nürnberg

Narzissmus der Eltern

„Schwarze Pädagogik 2.0“,

taz vom 23. 8. 21

Was Winterhoff vorgeworfen wird, ist nicht zu rechtfertigen. Es steht im völligen Gegensatz zu seinen Buchveröffentlichungen. Die Kritik des Autors bezieht sich doch nicht auf die Kinder, sondern auf den Narzissmus der Eltern, die im Kind kein anvertrautes Wesen sehen, sondern einen Partner suchen. Dadurch entsteht tyrannisches Verhalten der Kinder. Das wiederum steht natürlich nicht in einem Gegensatz zu einem selbstbestimmten Leben. Dieses entsteht doch nicht dadurch, dass ein Kind selbst entscheiden darf, jede Woche fünfmal Chips und dreimal Nudeln zu essen, sondern durch Erziehung zu einem körperlich und geistig/seelisch gesunden Menschen. Psychodrogen sind kein Winterhoff-Problem, sondern ein medizinisch-ethisches. Wer Kinder mit Psychodrogen vergiftet, ist ein Straftäter, aber damit das Verlangen nach der Rückkehr der Pädagogik in die Kindererziehung zu verunglimpfen, ist dreist.

Paulke Jo, Gransee

Bessere Besoldung

„Biden rechtfertigt sich“, taz vom 17. 8. 21

Was wohl sehr lange unterschätzt wurde, war die Psyche der Regierungstruppen, die zwar mit allem möglichen ausgestattet und auch ausgebildet wurden, die aber schon immer der Abwerbung durch die Taliban standhalten mussten, wo ihnen wesentlich höhere Bezahlung angeboten wurde, und dies bei weniger Gefährdung, die sie sonst durch die Taliban erlebten. Dies umso mehr, wenn sie erlebten, dass Regierungsvertreter möglicherweise Gelder in die eigenen Taschen steckten. Die afghanischen Truppen auch bei der Besoldung besser auszustatten, darauf ist wohl niemand gekommen.

Helga Schneider-Ludorff, Oberursel

Sozialstaat am Ende

„Die untere Hälfte besitzt nichts“,

taz vom 18. 8. 21

Zu Zeiten, in denen Mehrheiten noch in „blühenden“ Industrielandschaften tätig sein durften, war die gesetzliche Altersversorgung ein Baustein eines auf Solidarität fußenden Sozialstaats. Auch Staatsbedienstete sollten davon ausgehen können, dass die hier erwirtschafteten Einkommen über Steuern auch die Pensionslasten erwirtschaften könnten. Im Zeitalter der Deindustrialisierung, Automatisierung bis hin zur kompletten Roboterisierung funktioniert dieses Prinzip nicht mehr. Ohne einen Zinsgewinn aus produktiver Beschäftigung wird die Form der Vermögensverwaltung zu einem Spielkasino. Sie führt dazu, dass sich Immobilien- und Aktienblasen bilden, die von realer Wirtschaftsleistung nicht mehr gedeckt sind. Nur der Glaube an einen solchen vermeintlichen Vermögenszuwachs hält dieses System noch am Laufen. Wer einmal Anteile an den Kohlegruben erworben hat, sollte sich eingestehen müssen, dass dies angesichts der Klimakatastrophe eine Fehlspekulation war. Die nächste grausame Wahrheit: Ohne Wachstum keine Steuereinnahmen.

Dietmar Rauter, Kronshagen

Unschuldsbeweis

„Das Opfer bin ich“, taz vom 23. 8. 21

Mich würde mal interessieren, wie eine glaubwürdige Stellungnahme eines wirklich Unschuldigen aussehen müsste. Denn die Einlassung Mockridges ist ja zunächst mal nachvollziehbar, und wenn ich selbst einem solchen Vorwurf fälschlich ausgesetzt wäre aus welchen Gründen auch immer, ich würde wahrscheinlich ähnlich reagieren. Mehr als Bestreiten fiele mir auch nicht ein. Ich habe den Eindruck, dass es für die Feminist_innen unter dem Hashtag #KonsequenzenfürLuke wohl keinen wirksamen Unschuldsbeweis geben kann. Christian Bickel, Wiesbaden

Sticheln gegen Baerbock

„Kein grüner Land“,

taz vom 25. 8. 21

Ich frage mich, wie lange dieser private Kreuzzug von Silke Mertins gegen Annalena Baerbock noch gehen soll. Dieses unsägliche „Lied“, das Ihr heute anstelle eines Kommentars abdruckt, ist ebenso ekelhaft wie lächerlich. Worauf soll diese Stichelei eigentlich hinaus?

Günther Weber, Zwiefalten

Die Linke hat recht

„Linke will mit Jein stimmen“,

taz vom 23. 8. 21

Die Haltung der Linkspartei zu Afghanistan war und ist richtig. Es bedarf keines neuen Bundestagsbeschlusses, weil der Einsatz vom alten Mandat bereits gedeckt wird. Vielmehr stellt sich die Frage, was mit dem neuen Mandat eigentlich bezweckt wird. Wäre die Linke an der Regierung, wãren die Ortskrãfte längst hier. Deutschland müsste nicht vor den Taliban zu Kreuze kriechen. Das ist konsequente Friedenspolitik. Die Linke hat und hatte recht. Roland Busche, Duisburg

Vorverurteilung

„Das Opfer bin ich“,

taz vom 23. 8. 21

Selten habe ich einen Artikel in Ihrer Tageszeitung gelesen, die für mich eigentlich für Fairness und Freigeist steht, der so manipulativ und vorverurteilend ist. Das ist absolutes Bild-Zeitung-Niveau und ihrer Zeitung nicht würdig.

Noch befinden wir uns in einem Rechtsstaat und den sollen wir verteidigen und nicht zum Wohl der AfD schwächen. Ich kenne Herrn Mockridge nicht und auch nicht seine Ex-Freundin, schaue kein Sat, Vox, RTL et cetera, aber die Aufgabe herauszufinden, ob eine Straftat vorliegt, obliegt in unserem Land ausschließlich der Exekutive – und das ist auch gut so!

Ursula Rehkuh, Lippetal

Unschuldsvermutung

„Das Opfer bin ich“,

taz vom 23. 8. 21

Der oben angegebene Artikel wagt sich im lockeren Journalistenschreibstil an eines der heikelsten Themen des Strafrechts. Ich als Richter kann Ihnen nur sagen, dass der Artikel nur vorgibt, für Herrn Mockridge gelte die Unschuldsvermutung, diese ihm aber tatsächlich verwehrt.

Wenn man nur die Umstände aufführt, die gegen Herrn Mockridge sprechen, nicht jedoch aufführt, was für ihn spricht, wenn man dann locker darüber hinweggeht, dass die deutsche Justiz – bisher – kein Anzeichen für die Erhebung einer Anklage gefunden hat, wenn man allbekannte „Sprachmuster“ und andere Dinge als Beweise anführt, die im deutschen Prozess – aus gutem Grunde – keinerlei Beweiskraft haben, bleibt nur der Eindruck einer Rufmordkampagne à la Kachelmann übrig. Juristisch freigesprochen, aber von den Medien in der Gesellschaft „schuldig“ gesprochen. (Bei Twitter geht das noch weiter: Da kann man anonym dazu auf­rufen, den oder die Arbeitgeber zu kontaktieren, um den vermeintlich schuldigen Täter weiter – jetzt auch beruflich – unter Druck zu setzen. Das ist übrigens ein strafbares Verhalten.)

Und diese Rufmordkampagne unterstützen Sie leider mit Ihrem Artikel. Das kann man so machen, sollte man aber nicht. Helmo Gehrts, Plön