Nachts im Park
Auf Teherans Grünflächen treffen sich Alt und Jung, Obdachlose und Familien aus der Mittelschicht. Ein Streifzug während der Pandemie
Von Hashem Shakeri (Fotos und Text)
Seit Beginn der Pandemie wandere ich nachts durch die Parks von Teheran. Ich hatte die typischen Bilder satt, die nach den ersten Lockdowns in den sozialen Netzwerken veröffentlicht wurden, und habe versucht, einen eigenen Ansatz zu finden. Man könnte es als eine Art nächtliche Untersuchung beschreiben: Wie reagieren Menschen aus unterschiedlichen sozialen Schichten auf die Pandemie?
Die Parks in Teheran spielen im Leben der Iraner*innen eine wichtige Rolle. Inmitten von Einkaufszentren, Kinokomplexen und riesigen Gebäuden gehören sie zu den wenigen urbanen Räumen, die für alle kostenlos zugänglich sind. Jede und jeder kann sie nutzen: Obdachlose, Alte und Junge, Familien.
Im Schutz der Parks machen die jungen Leute das, was in Iran eigentlich verboten ist: Alkohol trinken, Marihuana rauchen, miteinander anbandeln. Für die Älteren sind die Parks Orte, an denen sie ihrer Einsamkeit entfliehen und neue Kontakte knüpfen können. Und für die Familien aus der Mittelschicht sind die Grünflächen besonders wichtig: So kommen sie endlich mal aus ihren kleinen Wohnungen raus und haben Platz, um mit den Kindern zu spielen oder Geburtstage zu feiern.
Einige der Menschen, die ich in den Parks getroffen habe, halten die Coronaregeln ein; andere hingegen erzählten, sie hätten im Leben ohnehin nichts zu verlieren – entweder würden sie an Covid-19 sterben oder verhungern.
Die nächtliche Atmosphäre spiegelt für mich die Stimmung am besten wider, in der wir uns zurzeit befinden: eine ungewisse und dunkle Zukunft, die mithilfe des Blitzes nur für den Bruchteil einer Sekunde sichtbar wird.
Hashem Shakeri, geboren 1988 in Teheran, Iran, ist Künstler, Fotograf und Regisseur. Seine Werke erschienen in zahlreichen Publikationen auf der ganzen Welt.