Nachts im Park

Auf Teherans Grünflächen treffen sich Alt und Jung, Obdachlose und Familien aus der Mittelschicht. Ein Streifzug während der Pandemie

Hossein Azadi, 67, war früher heroin­abhängig und lebt in einer Obdachlosenunterkunft. Er lernt online Yoga und kommt in den Park, um seine Übungen zu praktizieren

Mohammad ist 16 Jahre alt und vor Kurzem aus Afghanistan in den Iran eingewandert. Er ist für die Reinigung und Bewachung des Parks verantwortlich und schläft dort in einer kleinen Hütte

Von Hashem Shakeri (Fotos und Text)

Die Sadeghipours, beide 68 Jahre alt, sind vor Kurzem in diese Gegend gezogen

Seit Beginn der Pandemie wandere ich nachts durch die Parks von Teheran. Ich hatte die typischen Bilder satt, die nach den ersten Lockdowns in den sozialen Netzwerken veröffentlicht wurden, und habe versucht, einen eigenen Ansatz zu finden. Man könnte es als eine Art nächtliche Untersuchung beschreiben: Wie reagieren Menschen aus unterschiedlichen sozialen Schichten auf die Pandemie?

Siamak, 23, raucht Shisha. Er sagt, für einen Mann aus Darvazeh Ghar sei Corona bedeutungslos. Darvazeh Ghar ist eines der ärmsten Viertel Teherans und bekannt für Drogen­missbrauch und Arbeits­losigkeit

Mohammad Taghi Bahrami, 69, hat sich bei seiner Arbeit als Straßenfeger mit Corona infiziert. Wegen seiner Fehltage wurde er entlassen, obwohl er den Job seit 26 Jahren machte. Mittlerweile hat er eine neue Stelle in einem der Teheraner Parks

Die Parks in Teheran spielen im Leben der Ira­ne­r*in­nen eine wichtige Rolle. Inmitten von Einkaufszentren, Kinokomplexen und riesigen Gebäuden gehören sie zu den wenigen urbanen Räumen, die für alle kostenlos zugänglich sind. Jede und jeder kann sie nutzen: Obdachlose, Alte und Junge, Familien.

Arad, ein 9-jähriger Junge, sucht nach Kröten

Ramadan fiel mitten in die Coronakrise. Im Park lockt etwas Abwechslung

Im Schutz der Parks machen die jungen Leute das, was in Iran eigentlich verboten ist: Alkohol trinken, Marihuana rauchen, miteinander anbandeln. Für die Älteren sind die Parks Orte, an denen sie ihrer Einsamkeit entfliehen und neue Kontakte knüpfen können. Und für die Familien aus der Mittelschicht sind die Grünflächen besonders wichtig: So kommen sie endlich mal aus ihren kleinen Wohnungen raus und haben Platz, um mit den Kindern zu spielen oder Geburtstage zu feiern.

Statt Rooftop-Bar: Kids auf dem Dach

Eine Familie genießt die Natur

Leben am Limit? Posen auf der Slackline

Einige der Menschen, die ich in den Parks getroffen habe, halten die Coronaregeln ein; andere hingegen erzählten, sie hätten im Leben ohnehin nichts zu verlieren – entweder würden sie an Covid-19 sterben oder verhungern.

Picknick im Park

Die nächtliche Atmosphäre spiegelt für mich die Stimmung am besten wider, in der wir uns zurzeit befinden: eine ungewisse und dunkle Zukunft, die mithilfe des Blitzes nur für den Bruchteil einer Sekunde sichtbar wird.

Hashem Shakeri, geboren 1988 in Teheran, Iran, ist Künstler, Fotograf und Regisseur. Seine Werke erschienen in zahlreichen Publikationen auf der ganzen Welt.