Die Wahrheit: Und der Oscar geht an…
Debütantenball für Hansi Flick – der neue Bundestrainer steht morgen in der Partie gegen Liechtenstein erstmals am Spielfeldrand.
Jetzt kommt der „Gamechanger“ mit der „All-in“-Mentalität: Am Donnerstag bittet Hansi Flick zum Debütantenball als Chefcoach der deutschen Nationalmannschaft. Den Kollegen aus den Medien sei es aus diesem Anlass ins Stammbuch geschrieben: In den Kritiken bitte dringend Begriffe wie „Flickwerk“, „Flickschusterei“ oder „erste Sané“ vermeiden. Danke.
Hansi Flick hat es nicht immer leicht gehabt, für seinen Lebensunterhalt musste er stets hart arbeiten, da er nicht zur Flick-Dynastie gehört. Er erblickte das Licht der Welt in der großen Fußballmetropole Heidelberg, das tapfere, kleine Städtchen liegt ganz in der Nähe von Sandhausen und Hoffenheim. Früh fand er Anschluss bei einem Verein mit dem vielversprechenden Namen BSC Mückenloch. Nachdem er viermal mit dem Unterfangen, die TSG Hoffenheim in die Bundesliga zu bugsieren, gescheitert war, wechselte er zu Red Bull Salzburg. Dort blieb er nur kurz, weil Red Bull keine Flügel verschenkt, sondern lediglich verleiht.
Der Rest ist bekannt: Espressoaufbrüher für Jogi, Meisterkoch bei Bayern München. Selten hat ein neuer Bundestrainer so wenig Eingewöhnungszeit benötigt – er muss einfach nur den Trikotwechsel seiner vorherigen Truppe moderieren. Neulich erklärte er dazu, er „müsse auch mal schauspielern, um seinen Ärger zu verbergen“. Beim erwartbaren Dauerärger mit dem Chaosverein DFB könnte er bald ein Thema für den Oscar werden.
Unter Jogi war Deutschland eine brühende Landschaft. Nun wird es Ernst. Nach ihrem Ausscheiden bei der letzten Europameisterschaft wirkte die Mannschaft ein wenig geknickt, andererseits hätte es niemanden gewundert, wenn Jogi Löw bei seinem letzten Interview gesagt hätte: „Dass mir rausgfloge sind, trifft sich insofern ganz gut, weil ich am Samschdag zu’ere Weinprobe im Markgräflerland einglade bin.“
An Hansi Flick liegt es nun, das Team so zu motivieren, dass es endlich vom Fleck kommt, das heißt unverzüglich die allgemeine Schlappness der Schlappekicker abzubauen, denn schon morgen wartet mit Liechtenstein ein denkbar schwieriger Gegner im Kybunpark St. Gallen, der nicht einmal in Liechtenstein liegt. Trotzdem wird das kein Spaziergang, denn die „kleinen Liechter“ haben erst 1998 bei der EM-Quali mit zwei zu eins gegen Aserbaidschan gewonnen, das nebenbei nicht einmal in Europa liegt und unlängst Deutschlands nächsten Gegner Armenien vernichtend geschlagen hat, wenn auch nicht auf dem Spielfeld.
Viertkleinstes Land
Wobei man sich fragen muss: Liechtenstein? Wofür soll das gut sein? Viertkleinstes Land Europas. Rückständige Steuerkloake. Das Frauenwahlrecht wurde erst 1984 installiert, von wegen „Ladies fürst“. Gesandwicht zwischen Österreich und der Schweiz, eröffnete sich hier die Chance, die Macken zweier völlig unterschiedlicher Länder zu übernehmen. Man hat sie nicht ungenutzt verstreichen lassen.
Das Land besteht zur Hälfte aus Bergen, der Rest: eine triste Anhäufung von Steinen, Schotter und Geröll. Man verfügt über keine eigene Währung und eine Null-Geburtenrate, denn Babys werden seit 2014 im Ausland geboren und sorgen so mit jeder Geburt für ein „Ausländerproblem“. Im Stadion in Vaduz könnte man die gesamte Einwohnerschaft der Stadt lässig unterbringen.
Vom Espressoträger zum Hoffnungsträger? Hansi Flick kann einen Sieg nicht einfach bei Lieferando bestellen, er muss selbst liefern – sofort. Wenn’s schiefgeht, wird es gleich heißen: „Mannschaft, flick dich selbst!“ (Pardon, ist uns so rausgerutscht).
Zum Schluss ein geeigneter Satz für die Pressekonferenz, den wir dem Frischling Flick zum Start selbstverständlich kostenfrei überlassen: „Ein gutes Resultat ist immer ein schönes Ergebnis!“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Angeblich zu „woke“ Videospiele
Gamer:innen gegen Gendergaga
Lang geplantes Ende der Ampelkoalition
Seine feuchten Augen
Altersgrenze für Führerschein
Testosteron und PS
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen
Haldenwang über Wechsel in die Politik
„Ich habe mir nichts vorzuwerfen“