Zurück auf den Straßen Teherans

IRAN Die Opposition trotzt der Einschüchterung durch die Regierung und mobilisiert erneut zu Protesten. Anlass ist der einst von Ajatollah Chomeini angeordnete Al-Kuds-Tag

■ Der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad hat den Holocaust am Freitag erneut geleugnet. Der Holocaust sei „eine falsche Behauptung, ein Märchen, das als Vorwand für Verbrechen gegen die Menschheit“ missbraucht werde, sagte Ahmadinedschad bei einer Kundgebung zum Al-Quds-Tag. Es handle sich um eine Lüge, die als Vorwand für die Gründung Israels gedient habe. Falls die Europäer aber so ein Verbrechen begangen haben sollten, dann sollten sie den Juden auch „in Europa, Amerika oder Kanada“ Land schaffen. „Warum sollen die Palästinenser wegen eines Vorfalls leiden, an dem sie nicht beteiligt waren?“ (dpa/rtr)

VON BAHMAN NIRUMAND

Irans Straßen befinden sich wieder in der Hand der Oppositionen. Allein in der Hauptstadt Teheran nahmen, wie Tage zuvor bereits angekündigt, hunderttausende Oppositionelle den Al-Kuds-Tag zum Anlass, um gegen die durch Wahlbetrug wieder gewählte Regierung Ahmadinedschad und das brutale Vorgehen gegen die Opposition zu protestieren.

Der Al-Kuds-Tag wurde bereits vor dreißig Jahren vom Revolutionsführer Ajatollah Chomeini als Gedenktag zur Unterstützung des Befreiungskampfs der Palästinenser angeordnet.

Bereits im Vorfeld hatten Polizei sowie die Organisation der Revolutionswächter die Opposition davor gewarnt, den „Solidaritätstag mit dem palästinensischen Volk“ für ihre Belange zu „missbrauchen“. Demgegenüber hatten die beiden bei der Präsidentenwahl von 12. Juni unterlegenen Kandidaten, Mehdi Karrubi und Mir Hossein Mussawi, ihre Teilnahme an dem Gedenktag angekündigt und erklärt, die „grüne Welle der Freiheit“ werde im ganzen Land noch einmal ihre Stärke demonstrieren. Schon am frühen Morgen meldeten in- und ausländische Agenturen, dass zehntausende Demonstranten, die durch Schals, Mützen oder Hemden ihre Zugehörigkeit zu der Grünen Bewegung bekundeten, sich aus allen Richtungen auf das Zentrum der Hauptstadt bewegten. Die Polizei hatte das Gelände der Universität Teheran, auf dem die Abschlusskundgebung und das Freitagsgebet stattfinden, massiv abgeriegelt.

Augenzeugen berichteten am späten Vormittag von gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Oppositionellen und Anhängern der Regierung. Die „Parlament News“, die der „Fraktion der Linie Imam Chomeini“ nahesteht, berichtete auf ihre Webseite, dass der ehemalige Staatspräsident Mohammad Chatami, dessen Teilnahme von Oppositionellen jubelnd begrüßt wurde, von Gegnern tätlich angegriffen worden sei. Dabei sei ihm auch der Turban vom Kopf gerissen worden. Chatami habe danach unter dem Schutz von Oppositionellen die Demonstration verlassen.

Agenturberichten zufolge haben auch die beiden Oppositionsführer Mussawi und Karrubi an der Demonstration teilgenommen. „Lasst die Gefangenen frei“, „Nieder mit der Diktatur“, skandierten ihre Anhänger.

Um die Rufe der Protestierenden zu übertönen, waren auf den meisten Straßen Lautsprecher installiert worden, aus denen Parolen zugunsten der Regierung hinausposaunt wurden. Doch die demonstrierenden Oppositionellen waren so zahlreich, dass die Lautsprecher kaum zu hören waren.

Als Präsident Ahmadinedschad, der als Redner an der Kundgebung teilgenommen hat, in der Nähe der Universität gesichtet wurde, riefen die Demonstranten: „Lügner, Lügner, zeig uns die Wähler, die für dich gestimmt haben sollen!“