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Ein Lern- und Erinnerungsort

„Wir hören das Schweigen der Toten auf diesem Friedhof ohne Gräber“, sagt Ole von Beust am 3. Mai, dem 60. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Neuengamme. Hamburgs Erster Bürgermeister steht auf dem ehemaligen Appellplatz und ist erschüttert. 106.000 Menschen wurden hier geschunden, etwa 55.000 überlebten den Nazi-Terror nicht. Jahrzehnte lang hatte dann ein Gefängnis auf dem Gelände einen Ausbau verhindert, erst zum Jahrestag wurde die erweiterte Gedenkstätte eröffnet (taz berichtete): Entstanden ist ein etwa 70 Hektar großes Ausstellungs-, Begegnungs- und Studienzentrum.

„Neuengamme ist als Häftlings-Friedhof ein Erinnerungsort, mit seinem Studienzentrum nun aber auch eine Forschungsstätte und ein Lernort“, meint der Leiter, Jens Michelsen. Untergebracht ist das Zentrum in einem lang gestreckten Rotklinkerbau. Einst waren dort tausende KZ-Häftlinge zusammengepfercht, jetzt finden sich ein Archiv, eine Bibliothek und Büros. Wo einst KZ-Pritschen übereinander gestapelt waren und sich bis zum Jahr 2003 Insassen eines Gefängnisses versammelten, treffen sich nun Seminarteilnehmer. In kaum einer anderen Gedenkstätte seien noch so viele KZ-Gebäude erhalten wie in Neuengamme: neben den Häftlingsunterkünften Teile des Quartiers für Wachmannschaften und ein Klinkerwerk – 15 größere Bauten alles in allem.

Aus mehr als 20 Staaten kamen die Gefangenen. Aus vielen ihrer Heimatländer kommen jetzt junge Menschen nach Neuengamme, um etwas über das Schicksal nicht nur ihrer Landsleute zu erfahren. „Mehr als 1.000 Zeitzeugeninterviews in verschiedenen Sprachen sind auf unterschiedlichen Datenträgern gespeichert“, betont der Leiter des Zentrums. Auch junge Besucher widmen sich hier in Kursen unter der Anleitung von Museumspädagogen den dokumentierten Einzelschicksalen.

Kurz vor Kriegsende noch ließ die SS die Akten der Lagerverwaltung vernichten. „Die Toten bekamen kein Grab, ihre Asche wurde verstreut. Die NS-Machthaber wollten sie namenlos für alle Zeiten aus der Erinnerung auslöschen“, sagt Fritz Bringmann, der selbst zehn Jahre im KZ saß. Damit auch das Schicksal seiner toten Kameraden nicht vergessen wird, hofft er auf das neue Studienzentrum: „Neuengamme soll ein wirklicher Lernort für junge Menschen werden – für die Menschenrechte und gegen den Krieg.“

Friedhelm Schachtschneider

www.kz-gedenkstaette-neuengamme.de

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