Bundestag debattiert Flut-Hilfsfonds

Für Unwetteropfer und Wiederaufbau soll es 30 Milliarden Euro geben. Scholz lobt Solidarität

Als „beeindruckendes Zeichen der Solidarität“ hat Bundesfinanzminister Olaf Scholz die geplanten Staatshilfen für die Betroffenen der Unwetterkatastrophe im Westen Deutschlands bezeichnet. Er sei dankbar, dass es dafür auch in Wahlkampfzeiten über die Parteigrenzen hinweg großen Rückhalt gebe, sagte der SPD-Kanzlerkandidat am Mittwoch im Bundestag bei der ersten Beratung über das Gesetz zu Staatshilfen für die Opfer der Flutkatastrophe.

Es sieht vor, dass Bund und Länder bis zu 30 Milliarden Euro zur Verfügung stellen, um die durch Starkregen und Hochwasser insbesondere in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen entstandenen Schäden zu beseitigen. Es geht um den Wiederaufbau von Wohnhäusern und Unternehmen, aber auch von Infrastruktur wie Straßen, Brücken und Schienen. Dafür wird der Bund in einer ersten Tranche 2021 Mittel in Höhe von 16 Milliarden Euro zur Verfügung stellen. Ab 2022 werden die Mittel dann je nach Bedarf mobilisiert. Einen Nachtragshaushalt für dieses Jahr hält das Finanzministerium von Scholz nicht für nötig, weil genügend Puffer vorhanden seien. Die Länder sollen ihren Anteil an den Hilfen in Höhe von 14 Milliarden Euro über 30 Jahre beim Bund abstottern.

Unwetter mit ungewöhnlich starken Regenfällen hatten Mitte Juli in Rheinland-Pfalz und NRW eine Hochwasserkatastrophe ausgelöst. Ganze Landstriche wurden von den Wassermassen verwüstet. 183 Menschen starben. „Das Leid können wir nicht lindern“, betonte Scholz im Bundestag. Finanziell könne aber geholfen werden. Scholz rechnet mit einer großen Mehrheit im Bundestag für das Gesetz zum Fonds. Die abschließenden Beratungen dazu sind für den 7. September geplant. Am 10. September muss noch der Bundesrat zustimmen.

Neben dem Hilfsfonds arbeiten Bund und Länder an einer Verordnung, in der Details der Hilfen festgelegt werden, wer also wie viel beantragen kann. Diese Verordnung muss auch noch durch das Kabinett – und später durch den Bundesrat. In der Regel sollen bei Privathaushalten – wie schon bei der Flut 2013 – bis zu 80 Prozent entschädigt werden. Härtefallregelungen sind aber möglich – und damit auch noch höhere Quoten.

Die Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) fordert für den Wiederaufbau zerstörter Unternehmensstandorte schnelle Genehmigungsverfahren. Kommunen und Länder sollten „Wiederaufbaustäbe“ bilden. Der DIHK regt zudem „Flächentausche“ an. So könnten Gewerbeflächen in Überschwemmungsgebieten „nach einer Renaturierung zu hochwertigen naturnahen Flächen umgewandelt werden“. „Geeignete andere Flächen könnten entsprechend für Unternehmensumsiedlungen genutzt werden.“

In Nordrhein-Westfalen droht die SPD-Fraktion der Landesregierung derweil mit einem Untersuchungsausschuss zur Flutkatastrophe. Der Landesregierung sei ein Katalog mit 45 Fragen übermittelt worden, sagte der Vize-Fraktionschef der SPD, Sven Wolf, am Mittwoch. Sie habe die Chance, diese Fragen bis zum 6. September vollumfänglich zu beantworten. Tue sie das nicht, bleibe als letztes Mittel der Opposition nur ein Untersuchungsausschuss. Der SPD-Politiker warf der Landesregierung vor, sich in Zuständigkeitsfragen zu flüchten. (dpa, rtr)