heute in bremen
: „Jahrelang hat sich niemand gekümmert“

Foto: privat

Sven Bergmann 50, ist Kulturanthropologe im Deutschen Schifffahrtsmuseum in Bremerhaven und Koordinator des Projekts North Sea Wrecks.

Interview Pia Tönnissen

taz: Welche Gefahr geht von versunkener Munition aus?

Sven Bergmann: Gesunkene und versenkte Munition aus dem Ersten und Zweiten Weltkrieg enthält Sprengstoff, der immer noch explodieren könnte. Darüber hinaus ist der häufigste Sprengstoff, TNT, aber auch krebserregend. So gelangen nach Jahrzehnten diese gesundheitsgefährdenden Stoffe in die Umwelt und gefährden Meereslebewesen.

Wie akut ist die Gefahr?

Bei giftigen Chemikalien wie TNT sprechen wir von schleichenden Prozessen. Die Substanzen gelangen langsam in die Umwelt und werden von Lebewesen aufgenommen. In ihnen reichern sie sich dann an und gelangen in die Nahrungskette.

Wie kann man die Gefahr beseitigen?

Die Munition kann natürlich weggeräumt werden. Das ist allerdings ein sehr kostenintensives Verfahren. Das wäre eher eine Frage, mit der die Politik sich mehr beschäftigen müsste. Wir erforschen, wie die Gefahr aussieht.

Wie wird bei der Forschung vorgegangen?

Jahrelang hat sich niemand richtig um Kriegswracks im Meer gekümmert. Dabei sind die meisten Versenkungsplätze bekannt und in Karten verzeichnet. Mit Forschungsschiffen fahren wir zu einigen Wrackstellen, um Untersuchungen zu machen. For­schungs­tau­che­r:in­nen entnehmen unter Wasser Proben, zum Beispiel Sedimentproben. Zudem werden Muschelsäcke am Wrack oder in der Nähe angebracht und nach einigen Wochen im Labor toxikologisch untersucht.

Wanderausstellung „Toxic Legacies of War – North Sea Wrecks“ bis 15. August vor dem Deutschen Schifffahrtsmuseum in Bremerhaven

Wie kommt die Munition denn ins Meer?

Die Wracks, die wir im Projekt „North Sea Wrecks“ untersuchen, sind durch Kriegshandlungen im Ersten und Zweiten Weltkrieg gesunken. Auch nach den Kriegen wurde Munition im Meer verklappt, also versenkt.

Die Forschung findet im Rahmen des Projekts „North Sea Wrecks“ statt. Welche Ergebnisse sind bei dem Projekt herausgekommen?

Wir sind ein Pionierprojekt und schauen uns vor allem die Umweltgefährdung durch Stoffe wie TNT an. Unsere Forschung steht noch am Anfang. Unser Ziel mit der Wanderausstellung ist es aufzuklären und zum Handeln zu bewegen, dass mehr passiert. Unser Projekt ist damit ein wichtiger Beitrag für den Meeresschutz.