SALATTAKTIK
: Wenn sich was tut

Was für ein Gericht hätte das sein sollen?

Jemand hatte Salatblätter, Pflaumen und Brötchen über mehrere Straßenecken verteilt. Und auch eine Mayonnaiseflasche aus Plastik lag daneben.

Aber was für ein Gericht hätte das denn bitte schön sein sollen? Die Tauben pickten ganz unbeeindruckt darin herum, und irgendjemand hatte vor die Außenplätze des unsympathischen Cafés mit dem Goldgrubenstandort ein Schild aufgestellt. Fahrräder sollten auf der Straße und nicht auf dem Café-Bürgersteig bewegt werden, wurde dort symbolisiert. Wenigstens sah es dabei irgendwie hübsch aus. So riss es mich hin und her. Zwischen Hass und Liebe für diese Stadt, die mit ihren neuen selbst auferlegten Vernunft- und Wohlfühlregeln alles an Spannung verlor. Immer alles nur für die Darstellung.

Wenn da nicht das Gemüse auf der Straße wäre, man müsste radikal werden. Wenn da nicht die fremden Betten mit ihren fremden Gerüchen wären und die Jahreszeitenwechsel, man müsste das Land verlassen.

Wahrscheinlich aber ist genau das das Schönste des ganzen Jahres. Der Moment des feinsten Spürens, wenn man wie gewohnt keine Jacke trägt und plötzlich friert. Wenn die Sonntage mit Regengeklöppel erlauben, beruhigt noch mal die dicke Decke zwischen die Knie zu stopfen. Wenn es riecht, wie es nur riecht, wenn sich Dinge ändern. Wenn etwas ineinander übergeht. Wenn einem wieder einfällt, wie das dann immer ist.

Auf dem Land wurden Enten geschlachtet und Holz gehackt. In der Stadt wurden Fernseher aufgestellt und Flüge gebucht. Schals doppelt umgebunden. Der Spuk war vorbei. Wir hatten wieder überlebt und immer noch nicht hingeschaut. Wenn aber das Licht aus Kniehöhe zu kommen scheint, wenn die Gedanken wieder nach hinten geöffnet sind, ist das alles verziehen. Und man selbst machte diese absteigende Stadt ja auch nicht besser. LAURA EWERT