Hamburger Affäre um Freikarten: Zweiter Stones-Prozess rollt an
Juristische Aufklärung geht weiter: Eine SPD-Politikerin und damals designierte Bezirksamtsleiterin in Hamburg-Nord soll Freikarten angenommen haben.
Hamburg taz | Nach langer Stille kommt in der Freikartenaffäre um das Rolling-Stones-Konzert im September 2017 in Hamburg wieder etwas juristische Bewegung: Kommenden Freitag beginnt der zweite Prozess. Angeklagt ist in diesem Verfahren die Hamburger SPD-Politikerin und damalige designierte Leiterin des Bezirksamts Hamburg-Nord, Yvonne Nische. Die Staatsanwaltschaft wirft ihr Vorteilsnahme vor; zudem soll sie „die nicht genehmigungsfähige Inanspruchnahme weiterer Freikarten durch vier Bezirksamtsmitarbeiter als deren Dienstvorgesetzte geduldet haben“.
Die Freikartenaffäre hatte den Eindruck eines ganzen Molochs aus Korruption und Bestechlichkeit im Hamburger Bezirk Nord erweckt – besonders durch SPD-Politiker:innen. Zwei Monate nach dem Konzert durchsuchte plötzlich die Staatsanwaltschaft Räume des Bezirksamts und des Konzertveranstalters FKP-Scorpio. Anlass dazu gab die dem Konzert vorhergehende Genehmigung für das Konzert. Im Gegenzug für Kauf- und Freikarten soll das Bezirksamt Nord sie dem Veranstalter erteilt haben – es habe allerdings statt der üblichen rund 600.000 Euro nur 205.000 Euro Nutzungsgebühr dafür verlangt.
Angeleiert haben soll den Deal Harald Rösler (SPD), den die am Freitag vor Gericht stehende Nische eigentlich im Amt nachfolgen sollte. Rösler ist mittlerweile altersbedingt in Pension. Gegen Rösler war schon vor knapp eineinhalb Jahren Anklage erhoben worden. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Vorteilsgewährung in 39 Fällen und Bestechung in vier Fällen vor, dazu noch das Verleiten eines Untergebenen zu einer Straftat sowie Untreue im besonders schweren Fall.
Doch noch immer, auch wegen der Pandemie, ist für ihn noch keine Verhandlung terminiert. Die am Freitag vor dem Amtsgericht stehende Nische, die Dezernatsleiterin im Bezirksamt war, soll zwei dieser Freikarten im Wert von rund 360 Euro genommen haben.
Der erste Prozess, der aus der Affäre folgte, endete mit einem recht harten Urteil: 2019 war Elke Badde (SPD), ehemalige Staatssekretärin von Ex-Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD), zu einer Geldstrafe von über 20.000 Euro verurteilt worden. Auch ihr warf die Staatsanwaltschaft Vorteilsnahme vor; Badde legte Berufung gegen das Urteil ein.
Insgesamt hat die Staatsanwaltschaft bislang Ermittlungen gegen 56 Personen geführt, einige weitere Prozesse könnten also noch folgen.