Ein Spitzel im Namen von siebzehn Millionen

STASI-GESCHICHTE Inga Wolfram stellt ihr neues Buch „Verraten“ im tazcafé vor

Das könnte das Buch zur präzisesten Erinnerung an alte realsozialistische Verhältnisse sein: 20 Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs und der Mauer, die die DDR zur Trennung von der BRD aufgerichtet hatte, erzählt die Filmautorin Inga Wolfram die Geschichte von sechs Freunden, einem Spitzel, einem Land, das sie als das ihre nahm – und von einem Traum. Dem von einem Sozialismus ohne Spitzel, Verrat, Einschüchterung. Als Film war dieser Stoff, aus dem die beklemmendsten Albträume sind, von der Autorin selbst verfilmt, als Buch liest sich noch bedrückender, welch Antlitz die DDR hatte, jedenfalls kein menschliches. Der Spitzel, der den Zirkel engster Freunde dauerhaft an die Stasi verriet, heute leitend tätig bei einer linken Zeitung, sagte auf die Frage der Autorin, weshalb er die Freunde an die obersten Gewalthüter der DDR schriftlich auslieferte, lakonisch: „Hm. Na ja. Ihr habt 17 Millionen verraten“ – also die DDR. So denken heute noch viele Linke: dass ein ihnen liebsamer Staat alle Mittel heiligt, und sei es ein solcher, die Menschen enthumanisiert und einsperrt. Das Buch Wolframs, „Verraten“ (Patmos Verlag), ist nahgehend geschrieben, es enthält eine Erzählung, die das Leben in der Arbeiter-und-Bauern-Republik nachfühlbar macht, ihre Mitmacher, ihre Opponenten und solche, die eigentlich ein gutes Land, eine gute Gesellschaft wollten – und dies als in der DDR nicht realisierbar erkannten. Am heutigen Montag wird „Verraten“ im tazcafé vorgestellt. JAF

■ Inga Wolfram, „Verraten“: tazcafé, Rudi-Dutschke-Straße 23. Montag, 21. September, 19.30 Uhr. Eintritt frei