American Football in Hamburg: Fieldgoal-Fest im Regen
Die Hamburg Sea Devils sind erster Playoff-Teilnehmer der neuen European League of Football. Am Samstag besiegen sie die Barcelona Dragons mit 22:17.
Es regnet sehr viel an jenem Abend im gut besuchten Stadion Hoheluft, der Heimspielstätte der Sea Devils in der European League of Football (ELF). Es ist die erste Saison dieser Liga, die sich vor allem aus Unzufriedenheit gegenüber der deutschen American-Football-Bundesliga GFL gegründet hat. Entsprechend kommen sechs der anfänglich acht Teams aus Deutschland. Dazu kommen die Barcelona Dragons und die Wrocław Panthers aus Breslau.
Kritik an der Liga gab es dann auch direkt von der GFL, die der ELF vorwarf, ihr Spieler, Trainer und Manager abzuwerben. Offensichtlich jedoch nicht genügend von ihnen, denn kurz vor Start der ersten Saison suchten manche Mannschaften der ELF noch nach Spielern und Trainern oder hatten noch gar nicht zusammen trainiert.
Ebenso holprig wie die Liga starten auch die Sea Devils in ihre Partie. Nur ein paar Spielzüge nach Ampaws starkem Lauf wirft Quarterback Jadrian Clark den Ball in die Endzone zu Wide Receiver Lukas Rehder. Jedoch rutscht diesem der nasse Ball aus den Fingern und direkt in die Arme seines Verteidigers Lucas Masero. Der spritzt davon und wird erst 15 Yards weiter gefällt. So schnell wird aus einem Beinahe-Touchdown ein Ballverlust.
Fehler an Fehler
Bei beiden Teams reihen sich Fehler an Fehler. Hamburgs Clark wirft das Ei, 15 Yards vor der gegnerischen Endzone, unbedrängt in die Arme von Barcelonas Niko Lester, der den Ball 95 Yards weit bis in Hamburgs Endzone trägt, während seine Mitspieler ihm den Weg freiblocken: defensiver Touchdown.
Ein anderes Mal, kurz vor Ende der ersten Halbzeit, ist der Angriff von Barcelona eigentlich schon gestoppt, doch Hamburg foult, wodurch sie 15 Yards Strafe bekommen. In Folge läuft Barcelonas Quarterback Zach Edwards zur Endzone und überschlägt sich in sie hinein, weil ihm die Beine abgeräumt werden. 17:10-Pausenrückstand für Hamburg.
Die Sea Devils hatten bislang vier Siege in vier Spielen geholt. Mit einem Sieg gegen Barcelona würden sie sich vorzeitig für die Playoffs qualifizieren, die im September stattfinden. Architekt des Erfolgsteams, das mit seinem Namen an die erfolgreiche Mannschaft der NFL Europe vor 15 Jahren erinnert, ist Manager Max Paatz, der vorher bei den Elmshorn Fighting Pirates war, die in die GFL aufgestiegen waren. Viele der Elmshorner Spieler spielen jetzt bei Hamburg.
Die Kritik der GFL sei daher „erwartet“, sagt Paatz. Bei der GFL habe aber „Missmanagement stattgefunden“ und die neue Liga sei nun das Ergebnis dessen. In den vergangenen Jahren sind die Zuschauerzahlen für die in Deutschland zu sehenden amerikanischen NFL-Spiele stetig gewachsen. Das hat zu großem Zuwachs in den Vereinen geführt. Dennoch habe der Sport insgesamt stagniert, sagt Paatz: „Was ich vermisst habe: Weiterentwicklung der Organisation und Strukturen des Verbands, fehlende Vermarktungsstruktur, kein übergeordnetes Ligasponsoring, wenig attraktive Sponsorenpakete.“
Die ELF will es besser und anders machen und orientiert sich in Regeln und Strukturen dabei an der NFL. Es gibt Gehaltsgrenzen, die für einen ausgeglichenen Wettbewerb sorgen sollen und keinen Auf- oder Abstieg. Außerdem eine „vernünftige mediale Präsentation“, sagt Paatz.
Die Chancen stehen gut
Am Ende muss aber zunächst das sportliche Produkt passen. Das tut es zumindest zwischen Hamburg und Barcelona. Die Sea Devils gewinnen schließlich knapp mit 22:17, wobei ganze 15 Punkte durch ihren Kicker Phillip Andersen kommen, der fünf Field Goals schießt.
Ob das Modell der ELF strukturell und finanziell trägt, muss sich erst zeigen. In den kommenden Jahren jedenfalls will sie kräftig wachsen. Dafür steht sie laut eigenen Aussagen schon mit verschiedenen europäischen Mannschaften in Verhandlung. Für diese Saison stehen die Chancen immerhin nicht schlecht, dass Hamburg der erste Champion der Liga wird.
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