Neuer Bauboom an der spanischen Küste

Strand und Sonne locken auch deutsche Käufer von Ferienapartments. Für sie muss nun die Natur verschwinden

MADRID/BERLIN taz ■ Die Deutschen zieht es nach Spanien: Kein anderes Land ist bei Ferienhausbesitzern so beliebt. „Frankreich und Italien folgen in weitem Abstand“, hat man bei der „Deutschen Schutzvereinigung für Auslandsimmobilien“ festgestellt. Inzwischen sollen sich schon „ein paar hunderttausend“ Bundesbürger in Spanien eingekauft haben. „Spanien hat den längsten Strand.“

Doch die vielen Wohnungen und Tourismusprojekte bedrohen die Küste. „Die letzten freien Abschnitte werden zugebaut“, beklagte der spanische Greenpeace-Präsident Juan López de Uralde, als er jetzt eine neue Studie vorstellte. Allein im vergangenen Jahr wurden 768.000 Wohnungen genehmigt. 58 neue Golfplätze sollen entstehen, obwohl bereits 300 existieren. Auch 77 zusätzliche Jachthäfen sind geplant. Selbst Grundstücke in Naturschutzgebieten werden zu Bauland erklärt: An der südspanischen Vulkanküste Cabo de Gata wurde jüngst ein Hotel genehmigt.

„Es ist egal, wer vor Ort regiert“, kritisiert De Uralde sämtliche Parteien. Von 1990 bis 2000 wuchs die spanische Bevölkerung um knapp 5 Prozent – doch es wurden 25,4 Prozent mehr Wohnungen errichtet.

34 Prozent der Küste sind bereits verbaut. In Andalusien sind es gar 59 Prozent. Viele Fischerdörfer wuchsen in den letzten zehn Jahren zu Betonstädten heran. In Orten wie Fuengirola oder Torremolinos an der Costa de Sol ist selbst der letzte Quadratmeter verbaut. Im Luxusbadeort Marbella stehen 20.000 illegale Wohnungen. Anstatt auf den Abriss zu bestehen, wird die Regionalregierung wohl eine Bauamnestie erlassen. Greenpeace konstatiert bitter, dass Südspanien beim Küstenschutz „20 Jahre hinterhinkt“.

Zwar beteuert die sozialistische Umweltministerin Cristina Narbona, dass sie die Regionalregierungen zum Handeln zwingen will. „Doch der Küstenplan wurde bis jetzt nicht vorgelegt“, beschwert sich Greenpeace.

Die Folgen sind verheerend. „Obwohl neue Kläranlagen gebaut werden, reichen sie nicht aus, um schwere Verschmutzungen an der Küste zu verhindern“, heißt es in der Greenpeacestudie. Spanien erfüllt die europäischen Auflagen zur Wasserreinigung nicht. Die beiden Hafenstädte Algeciras am Mittelmeer und A Coruña am Atlantik haben bis heute keine Kläranlagen.

Das Geschäft mit dem Massentourismus ist nur noch für Bauspekulanten attraktiv. Die Regionalverwaltungen geben bereits jetzt 25 Prozent mehr aus, um die Infrastruktur wie Straßen, Strände oder Flughäfen instand zu halten, als sie durch die Steuern am Massentourismus verdienen. Doch auf Gemeindeebene stört dies kaum. Denn die Bauwut füllt die chronisch leeren Gemeindekassen. Baugenehmigungen sowie der Verkauf der Gemeindegrundstücke sind längst zur Haupteinnahmequelle der Rathäuser geworden.

Dennoch könnte die Immobilienblase demnächst platzen. Greenpeace warnt, dass der Tourismus mit „Sonne und Strand“ schon in den letzten Jahren zurückgehen werde. Spanien kann mit billigeren Anbietern wie der Türkei nur schwer konkurrieren.

Doch nicht nur der Pauschaltourist, auch die deutschen Immobilienkäufer zeigen weniger Interesse. Allerdings hofft zumindest die „Deutsche Schutzvereinigung Auslandsimmobilien“, dass die Kauflaune demnächst zulegt: Die Zurückhaltung sei „nur eine atmosphärische Reaktion auf die Krisenstimmung in Deutschland“.

REINER WANDLER