Eine Schule als Vermächtnis

Esther Bejarano wird beigesetzt. Die Politik will sie ehren, nur wie?

Die Häftlingsnummer 41948 zeichnete Esther Bejarano ab April 1943 als jüdische Gefangene des Vernichtungslagers Au­schwitz-Birkenau und leitete ein Leben ein, das dem Kampf gegen Faschismus und Hass gewidmet war. Bejarano verstarb am 10. Juli im Alter von 96 Jahren im Kreise ihrer Vertrauten. Die Trauerfeier soll am kommenden Sonntag in der Kapelle des jüdischen Friedhofs Ohlsdorf stattfinden, auf dem die Holocaust-Überlebende neben ihrem Mann beigesetzt wird. Die Debatte darüber, wie die Stadt Hamburg Bejaranos Lebenswerk würdigen soll, läuft schon jetzt.

Bejarano, die 1945 nach Israel ausgewandert war, kehrte nach fünfzehn Jahren nach Deutschland zurück und ließ sich mit ihrem Mann in Hamburg nieder. Dort leitete sie eine Wäscherei und eine Boutique. Sie trat in die VVN-BdA, die „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten“ ein, der sie bis zuletzt als Ehrenpräsidentin vorstand. Bejarano besuchte regelmäßig Schulen, damit auch die nächste Generation nicht vergisst.

Dabei fand sie immer klare Worte. Nicht nur für die Vergangenheit, sondern auch für die Gegenwart: „Ich habe meine Eltern verloren, sie sind ermordet worden von den Nazis. Also, wie kann ich die heutige Zeit sehen? Nur mit einem wirklichen Schrecken“, sagte sie etwa im Deutschlandfunk.

Schon kurz nach Bejaranos Tod entbrannte in der Stadt eine Debatte um eine geeignete Ehrung. Einige Po­li­ti­ke­r*in­nen zeigten sich enttäuscht über das Versäumnis des Senats, Bejarano zur Ehrenbürgerin zu machen. Anna von Treufenfels-Frowein, die als Einzelkandidatin Hamburgs FDP-Bürgerschaftsfraktion vertritt, sagt dazu etwa: „Ich verstehe bis heute nicht, warum der Senat ihr die Ehrenbürgerschaft nicht zu Lebzeiten verliehen hat, um diese Verdienste zu würdigen. Das wäre ein eindeutiges und bleibendes Signal gegen den wiederaufkeimenden Antisemitismus gewesen.“

Senatssprecher Marcel Schweitzer sagte bei einer Pressekonferenz, dass der erste Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) den Vorschlag unterstütze, eine Straße oder einen Platz nach Bejarano zu benennen. „Wir würdigen das Gedenken dieser Frau und zwar auch in ihrem Sinne, sodass wir nicht einfach etwas postulieren und dann war’s das, sondern es geht darum, ihre Arbeit fortzusetzen.“

Der Linken-Fraktionsvorsitzenden Sabine Boeddinghaus ist das zu unkonkret: „Hamburg hat ihr so viel zu verdanken – es ist nur angemessen, wenn der Senat nun rasch handelt und einen wichtigen Ort oder eine Schule in unserer Stadt nach Esther Bejarano benennt.“

Bejarano nutzte ihre Bekanntheit und ihre Stimme bis zuletzt. Nur sechs Wochen vor ihrem Tod sang sie mit der Band Microphone Mafia bei einem Konzert gegen Faschismus und Rassismus an, zog Analogien zur AfD und erzählte: „Ich mache es nicht, weil ich meine Geschichte erzählen will, sondern damit diese Geschichte nie wieder passiert.“ Pascal Luh