heute in bremen
: „Dann wird das Parlament gelost“

Foto: Anna Bartholdy

Tim Gerhards33, Tänzer, Choreograph und Theatermacher, arbeitet beim Kollektiv unperform e. V. als Projektleiter und Regieführer.

Interview Jasmin Koepper

taz: Herr Gerhards, wie passen Oper und Rap zusammen?

Tim Gerhards: Wir haben es zusammenpassend gemacht. Die Oper ist der Handlungsrahmen. Alle Textpassagen sind gereimt, aber werden nicht gesungen, sondern von den drei Darstellenden gerappt.

Das Stück heißt Demarchie – was ist das?

Demarchie ist eine demokratische Regierungsform. Auf kommunaler Ebene gibt es das zum Teil und auch die Griechen haben das schon ausprobiert. Menschen im Parlament und Amts­trä­ge­r:in­nen werden nicht durch Wahlen, sondern durch das Losverfahren bestimmt. Menschen, die im Umkreis des Ortes wohnen, kommen in den Lostopf und dann wird das Parlament gelost.

Warum könnte man das wollen?

In unserer Geschichte funktioniert es so, dass es einen fiktiven Staat gibt, in dem Monarchie herrscht. Als die Tochter Thronfolgerin werden soll, denkt sie, dass sie das nicht kann und entscheidet sich, die Demarchie einzuführen. Interessant daran ist, dass sich Menschen dann mit politischen und gesellschaftlichen Fragen auseinandersetzten, auch wenn sie das sonst nicht gerne tun. Das stärkt die generelle politische Bildung von allen und könnte sich eindämmend auf Rechtsextremismus auswirken, wenn es weniger Politikverdrossenheit und Unverständnis gäbe. Menschen, die gerne viel Macht wollen, kommen nicht automatisch an die Macht. Und manche Menschen, die sonst nicht viel mit Politik zu tun haben, merken vielleicht, dass das doch ganz cool ist.

Würden Sie gerne in einer Demarchie leben?

Ich weiß es nicht. Es ist ja eine Utopie. Dafür spricht aus statistischer Sicht automatisch ein ausgeglichenes Parlament. Wenn verschiedenste Menschen zusammensitzen, das ist das Optimum. Auf der anderen Seite fehlt bei den Menschen politischer Sachverstand und die Erfahrung von Arbeit im Parlament. Für mich ist es keine Frage von ja oder nein, sondern eine Frage des „Wie“.

Rap-Oper in drei Akten „Demarchie“, Premiere, unperform Eigenproduktion, 20.30 Uhr, Schlachthof. Tickets: breminale-festival.de.

Wie ist die Idee für das Stück entstanden?

Zuerst kam die Idee, eine Rapgruppe zu machen. Dann haben wir geschaut, worum kann es inhaltlich gehen. Unser Ziel war es, etwas zu schreiben, was Menschen zum Nachdenken und Reflektieren des eigenen Handelns anregt.

Wer ist unperform?

Wir sind ein Per­for­me­r:in­nen­kol­lek­tiv und ein gemeinnütziger Verein und arbeiten seit etwa fünf Jahren zusammen in freien Projekten. Unser Ziel ist es, noch nicht ausprobierte künstlerische Formen zu erforschen, wie diese Kombination aus Rap und Oper.