Südafrika hofft nach den schwersten Unruhen seit Ende der Apartheid mit 212 Toten auf kollektives Zusammenstehen gegen Gewalt und eine Rekordernte
Aus Durban Njabulo Buthelezi
Allmählich kehrt nach den schweren Unruhen mit 212 Toten und Schäden in Milliardenhöhe in Südafrika die Normalität zurück. Die Lebensmittelindustrie beliefert den Handel wieder, geschlossene Autobahnen sind wieder frei und im strategischen Hafen Durban wird wieder gearbeitet.
„Im Vergleich mit der düsteren Lage vor wenigen Tagen gibt es erheblichen Fortschritt“, erklären gemeinsam Wandile Sihlobo und Sidiso Ntombela, die Chefökonomen der südafrikanischen Agrarhandelskammer Agbiz und des Nationalen Landwirtschaftsrates NAMC. Die Gewalt habe zwar Befürchtungen über Nahrungsmittelknappheit genährt, die seien jetzt aber vorbei.
Südafrika fährt dieses Jahr die zweitgrößte Maisernte seiner Geschichte ein, mit über 16 Millionen Tonnen. Das Aufheben der Sperrungen der Autobahnen N2 und N3, die vom Hafen Durban aus die Küste entlang beziehungsweise in Richtung der größten südafrikanischen Stadt Johannesburg führen, macht es jetzt wieder möglich, diese Ware problemlos zu transportieren.
„Es hat sich gezeigt, dass es Ergebnisse bringt, wenn Industrie und Regierung zusammenarbeiten“, so die Ökonomen. Allerdings bestünden Sicherheitsrisiken in der Provinz KwaZulu/Natal – Heimatprovinz des Expräsidenten Jacob Zuma – rund um Durban. „In diesem Gebiet müssen Regierung, Wirtschaft und Sozialpartner sich weiter engagieren, um Normalität herzustellen.“
Sorge bereitet unter anderem, dass bei den Unruhen auch über 30 Schulen zerstört wurden. Südafrikas Kinder seien ohnehin besonders stark von den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie betroffen, warnt das Hilfswerk „Save the Children“, mit 750.000 Kindern ohne Schulunterricht: 1.718 Schulen seien geschlossen, weil sie während der Lockdowns Vandalismus ausgesetzt waren. Nun kämen noch mehr dazu.
Die Ökonomin Siobhan Redford betont, dass nun vor allem die Covid-19-Impfprogramme in KwaZulu/Natal wieder aufgenommen werden müssen. Sie setzt auf Südafrikas Gemeinschaftssinn „Ubuntu“, mit dem am vergangenen Wochenende kollektive Aufräumaktionen betrieben wurden: „Sicherlich haben diejenigen, die ihre zerstörten Geschäfte, Häuser und Schulen wiederaufbauen müssen, noch einen langen Weg vor sich, aber hoffentlich kann der Ubuntu-Geist, der jetzt Südafrika ergriffen hat, genug Schubkraft erzeugen.“