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Wiederholungsschleife

Der Slowene Tadej Pogačar wiederholt seinen Tour-de-France-Sieg aus dem Vorjahr und schickt sich an, eine neue Ära der Dominanz zu begründen

Meist nur von hinten bekamen die Gegner den Tour-Sieger Pogačar zu sehen Foto: ap

Von Tom Mustroph

Tadej Pogačar tritt bei der Tour de France an. Er gewinnt ein Zeitfahren und zwei Bergetappen. Im Gelben Trikot fährt er am Sonntag im Triumphzug nach Paris. So war es im letzten Jahr, so war es auch in diesem. Die Tour de France mag jeweils anders sein, woanders starten, andere Teilnehmer haben. Sie dominieren und gewinnen – das aber ist der Job von Ta­dej Pogačar. 22 Jahre ist er erst jung, und doch schon so erfolgreich. Nur zum Vergleich: Die ebenfalls als Jahrhunderttalente geltenden Eddy ­Merckx und Jan Ullrich bestritten in ihrem 22. Lebensjahr ihre allererste Tour de France. Ullrich wurde Zweiter, Merckx Neunter. Erst im Jahr darauf gewannen sie.

Pogačars Erfolg hat viele Gründe. Da ist zum einen sein Talent. Über seine erste Begegnung mit Pogačar erzählte Andrej Hauptman, slowenischer Exprofi und einer der ersten Trainingspläneschreiber des jungen Toursiegers: „Ich kam damals zu einem Jugendrennen. Es war schon im Gange. Mir fiel da eine große Gruppe von Fahrern auf, die vorneweg fuhren, und etwa 100 Meter hinter ihnen ein kleiner, viel jüngerer Bursche, der versuchte, an sie heranzukommen. Ich sagte zu den Organisatoren, man müsse etwas unternehmen, um den Kleinen wieder heranzubringen. Sie sagten mir aber: Es ist nicht, wie du denkst. Der Kleine ist vorn, er ist fast eine ganze Runde voraus.“

Ereignisse wie solche lassen darauf schließen: Von seinen Eltern, einem Möbeldesigner und einer Franzö­sisch­lehrerin, hat Pogačar offenbar exzellente Gene mitbekommen.

Ein zweiter Aspekt ist die Globalisierung des Radsports. Talente werden mittlerweile sehr früh entdeckt, gecastet und gefördert. Dass das Podium dieser Tour mit Athleten aus eher kleineren Radsportnationen besetzt war, deutet ebenfalls auf diesen Umstand hin. Pogačar ist Slowene, der Zweite, Jonas Vingegaard, stammt aus Dänemark. Das kleine Land im Norden hatte zwar schon einen Toursieger, Bjarne Riis, und fast einen Zweiten, Michael Rasmussen. Im Vergleich zu Franzosen, Spaniern, Belgiern oder Italienern spielten Dänen im Radsport aber meist untergeordnetere Rollen. Das trifft noch viel mehr auf Ecuador zu, das Land des Tour-Dritten Richard Carapaz. Der frühere Giro-Sieger konnte sein Talent vor allem deshalb entwickeln, weil im Nachbarland Kolumbien eine beeindruckende Zahl an Nachwuchsrennen veranstaltet wird, bei denen auch Talente jenseits der Grenzen gesichtet werden. Carapaz ist mit 28 Jahren im besten Rundfahreralter, Vingegaard mit 24 allerdings noch ziemlich jung für diesen Job, der zwei Jahre jüngere Pogačar ohnehin. Es ist also ein ziemlich jugendliches Podium. Auch das liegt an einer Veränderung im Radsport. „Die jungen Fahrer heute kommen früher, schneller und stärker in die WorldTour, weil sie besser ausgebildet sind, weil bei den U23-Teams schon sehr viel neueste Trainingswissenschaft im Einsatz ist, und auch das Material, mit dem die Jungen fahren, gut ist“, meint Matt White, Rennstallchef von BikeExchange, zur taz.

Wie gut die Jungen sind, spüren die Älteren teilweise mit Erschrecken. „Ich habe bei dieser Tour die gleichen Wattwerte getreten wie in früheren Jahren. Konnte ich damit sonst das Peloton auseinanderfahren, so fand ich mich in diesem Jahr damit 100 Meter hinter einem Feld aus 70 Fahrern – und konnte nicht einmal die Lücke schließen“, erzählte Thomas De Gendt, einst bekannt als Spezialist für lange Solofluchten. „Es ist klar, dass junge Fahrer kommen. Aber der Generationenwechsel erfolgte früher allmählicher, nicht mit solcher Wucht wie jetzt“, sagt er desillusioniert. Pogačar surft auf dieser Welle. Zur Jugendwelle gehören aber auch andere. Neben dem Tour-Zweiten Vin­ge­gaard auch Doppeletappensieger Wout van Aert, 26, aber bereits drei Jahre lang die Klassikerrennen dominierend; Mathieu van der Poel, ebenfalls 26, in diesem Jahr bei seiner ersten Tour eine knappe Woche in Gelb; Tao Geoghegan Hart, mit 25 bereits Giro-Sieger; Jai Hindley, mit 24 Zweiter beim Giro, im nächsten Jahr bei Bora hansgrohe fahrend; Remco Evene­poel, erst 21 und nur durch einen Megacrash noch nicht bei den Erfolgen, die die vor Bewunderung schier erlegene Presse im Heimatland Belgien von ihm erwartet.

Wellenreiter Pogačar kam aber auch entgegen, dass in diesem Jahr seine härtesten Rivalen wegen Stürzen früh ausfielen. Primož Roglič verließ lädiert, erschöpft, enttäuscht das Rennen, Geraint Thomas schleppte sich nur so durch.

„Tadej Pogačar kann die Tour fünf-, ja sechsmal gewinnen

Eddy Merckx

Der junge Slowene hatte schnell freie Fahrt. Und bevor der Rest der Konkurrenz sich versah, hatte er sie schon distanziert. Ein Doppelschlag in den Alpen auf der 8. und 9. Etappe brachte ihm erst Gelb und konsolidierte dann die Führung.

Auf dem Mont Ventoux verwaltete er sie nur. In den Pyrenäen gelangen Pogačar dann zwei Etappensiege in Gelb. Er vergrößerte dabei aber seinen Vorsprung weniger als in den Alpen. „Ich wollte auch in den Pyrenäen früher antreten, um mehr Zeit zu gewinnen, aber ich kam nicht so weg, wie ich wollte“, gestand er ein. Etwas Erschöpfung nagte also auch an ihm. Vielleicht stellte sich die Konkurrenz auch besser auf ihn ein.

Das lässt hoffen, dass es in Zukunft keinen langweiligen Durchmarsch von ihm geben wird. Eddy ­Merckx lobte ihn zwar bereits als wahren Erben. „Er kann die Tour fünf-, ja sechsmal gewinnen“, meinte der Belgier. Angesichts der Jugend Pogačars bedeutet das aber auch, dass selbst Bewunderer Merckx damit rechnet, der Slowene könne eine Tour, an der er teilnimmt, auch verlieren.

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