Operation linke Tasche, rechte Tasche

„Mutlose“ Finanzpolitik, „verfassungswidrige“ Anti-Terror-Konzepte: FDP zerpflückt Unionsprogramm

Guido Westerwelle will die Union jetzt zur „marktwirtschaftlichen Vernunft“ zurückbringen

BERLIN taz/rtr/ap ■ Noch bevor die Union ihr Wahlprogramm gestern überhaupt offiziell präsentiert hatte, kassierte sie dafür scharfe Kritik vom potenziellen Koalitionspartner FDP. In einer schwarz-gelben Koalition werde es ein „hartes Stück Arbeit, die Union auf den Pfad der marktwirtschaftlichen Vernunft zurückzubringen“, orakelte beispielsweise FDP-Chef Guido Westerwelle.

Zentraler Kritikpunkt der Liberalen war die Ankündigung der CDU/CSU, nach einem Wahlsieg die Mehrwertsteuer von 16 auf 18 Prozent zu erhöhen. Ihm sei nicht klar, wofür die Union die Mittel aus einer höheren Mehrwertsteuer einsetzen wolle, sagte FDP-Fraktionschef Wolfgang Gerhardt. Eine Senkung der Sozialversicherungsbeiträge müsse durch eine Reform dieser Systeme finanziert werden – und nicht aus einer Operation „linke Tasche, rechte Tasche“.

Der FDP-Finanzexperte Hermann Otto Solms zeigte sich auch generell enttäuscht von den „mutlosen“ finanzpolitischen Konzepten des Koalitionspartners in spe. Eine höhere Mehrwertsteuer sei gar nicht nötig, um die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung zu senken, versicherte Solms. Er bestritt auch die Behauptung der Union, dass es wegen der Krise der Haushalte keinen Spielraum für eine Nettoentlastung der Bürger gebe, und plädierte stattdessen für eine grundlegende Steuerreform. Eine reine Umwälzung der Lasten über eine Steuererhöhung werde jedenfalls nicht die erhofften Investitionsanreize und Arbeitsplätze bringen.

Ihr Veto drohte die FDP auch gegen zentrale sicherheitspolitische Forderungen der Union an: „Verfassungswidrige Vorschläge wie eine Vorbeugehaft auf Verdacht“ seien mit der FDP „nicht zu machen“, sagte Innenexperte Max Stadler. Die Aufgaben von Polizei und Bundeswehr müssten getrennt bleiben. Schärfere Sicherheitsgesetze etwa im Kampf gegen den Terrorismus lehne er ab. Die Bürgerrechte dürften hierfür nicht noch weiter eingeschränkt werden.

Laut Stadler beruht keiner der Vorschläge der Union auf einer Analyse etwa der Londoner Terroranschläge. Vielmehr handele es sich um „alte Pläne von CDU/CSU, die im Bundestag aus guten Gründen bisher abgelehnt worden sind“. AGX