Zeise in schweren Fahrwassern

Droht die letzte Vorstellung an der Friedensallee? Ein Insolvenzantrag wird derzeit geprüft, der Kinobetrieb geht vorerst weiter. SPD Altona findet, der Senat sei gefordert

Am Donnerstag hatte Geschäftsführerin Sabine Matthiesen noch von „heftigen und besorgniserregenden Vorkommnissen“ und sogar von einem „Putsch“ in den Zeise Kinos berichtet, um dann für nähere Auskünfte nicht mehr erreichbar zu sein. Zum Wochenende verdichteten sich dann widerstreitende Gerüchte: Von einer drohenden Insolvenz war die Rede – und davon, dass Matthiesen ihres Postens inzwischen enthoben worden sei, sie das Vertrauen der Gesellschafter verloren habe.

Inzwischen ist bestätigt: Matthiesen hat am vergangenen Freitag wirklich Insolvenz beantragt, ein vorläufiger Verwalter ist vom Gericht bestellt und bereits tätig geworden: Der Hamburger Rechtsanwalt Jens-Sören Schröder hat in gleicher Funktion unter anderem die letzten Tage der Ufa-Kinokette begleitet. Derzeit prüft der 42-Jährige die finanzielle Situation des Hauses, dann erst werde über die tatsächliche Eröffnung eines Insolvenzverfahrens entschieden – das wäre frühestens in einem Monat.

Trotz der offenbar unstrittigen Finanzprobleme an der Friedensallee hält Zeise-Gesellschafter Jürgen Fabritius, früher selbst Geschäftsführer, Matthiesens Zug vors Gerich indes für „kontraproduktiv“. Sie richte „nicht nur für uns einen erheblichen Schaden an“, ließ er jetzt die Morgenpost wissen, „sondern für die ganze Branche“. Dass es selbiger auch schon besser ging, hält Matthiesen wiederum überhaupt für die Erklärung der ganzen Misere. Auf die mögliche Zeise-Insolvenz – infolge von zweistelligen Umsatzrückgängen im vergangenen Jahr – würden demnach weitere Pleiten folgen.

Zuversichtlich äußerte Insolvenzverwalter Schröder sich zu Wochenbeginn, was den Erhalt der Zeise-Kinos angeht. Und in jedem Fall soll der Betrieb der drei Säle mit rund 530 Sitzplätzen vorerst weiterlaufen.

Hinter der drohenden letzten Vorstellung an der Friedensallee will derweil die Altonaer SPD einen „schleichenden Prozess“ erkannt haben, der „leider nicht mehr überrascht“ habe: Seien die Zeisehallen einmal als Medienzentrum gedacht gewesen, sei davon nicht mehr viel übrig: Der Abzug des Uni-Instituts für Theater, Musiktheater und Film sowie der städtischen Film- und Videobibliothek an den Hühnerposten hätten die Pläne für die ehemalige Schiffsschraubenfabrik in „sehr schwieriges Fahrwasser“ geraten lassen, merkte gestern die SPD-Kreisvorsitzende Kristin Alheit an.

Nun seien Senat und Kultursenatorin aufgefordert, „ein Konzept zu entwickeln, das die Kultur- und Filmangebote“ fördere, so Alheit. Der Markt allein könne die Vielfalt, „die besonders in einem Stadtteil wie Ottensen gefragt“ ist, nicht regeln. Vielmehr müssten Kultur- und Filmförderung „eine deutlich höhere Priorität“ eingeräumt werden, als das bisher der Fall sei.Alexander Diehl