US-Sheriffs für die afghanische Polizei

Deutschland spielt beim Polizeiaufbau in Afghanistan eine Schlüsselrolle. Jetzt wollen die USA dort richtig klotzen

KABUL taz ■ Das Gehalt afghanischer Polizisten soll fast vervierfacht und in ihre Ausrüstung in den nächsten 15 Monaten 910 Millionen US-Dollar investiert werden. Die Regierung von Hamid Karsai beschloss zudem, hunderte korrupter oder unfähiger Polizeioffiziere zu entlassen. Außerdem kommen 700 US-Berater nach Afghanistan, um für die Nationalpolizei (ANP) als Mentoren zu arbeiten.

„Nach dem Sturz der Taliban haben wir bei null angefangen“, sagt Innenministeriumssprecher Lutfullah Mashal. Unter den Taliban sei die Polizei als Institution zerstört worden, nach deren Sturz seien viele Polizei- und Militärgeneräle zurückgekommen, sodass das Verhältnis von Generälen zu Mannschaften nun das höchste der Welt ist. Der Chef von Kabuls Polizeiakademie, Syed Sher Agha Rohani, sagt: „Von 300 ANP-Generälen behalten nur 64 ihren Posten. Wir bauen eine schlagkräftige Truppen auf.“

Die Polizeireform wurde beschlossen, unmittelbar nachdem der US-Kongress kürzlich 910 Millionen Dollar für Afghanistans Polizei bewilligte. Laut Bonner Afghanistan-Abkommen ist Deutschland die Führungsnation beim Polizeiaufbau. Aber der deutsche Beitrag von 12 Millionen Euro in diesem Jahr ist mager im Vergleich zur jetzigen US-Zusage. Auch werden die amerikanischen Polizeiberater viel zahlreicher sein als die 34 deutschen, selbst wenn diese noch um fünf aufgestockt werden.

Mit deutscher Hilfe wurden Polizeistationen renoviert und ausgerüstet. Deutschland lieferte 350 Einsatzwagen, 600 Motorräder und baute die Polizeiakademie auf. Dort wurden bisher fast 3.000 Polizisten ausgebildet, darunter 57 Frauen. Auch wenn Deutschland weiter eine Schlüsselrolle beim Polizeiaufbau spielt, wird dies von der US-Initiative in den Schatten gestellt werden. Laut dem U. S. Office of Military Cooperation, das Washingtons Beitrag zur Polizeireform leitet, wurde die Kooperation mit der afghanischen Regierung, Deutschland, den USA und einigen anderen Nationen bereits modifiziert.

„Es dauert einige Jahre, um eine Polizei aufzubauen“, sagt Generalleutnant Rohani. „Deutschland gab uns wichtige Hilfe, aber jetzt kommen die USA mit großen Ressourcen, und das macht einen großen Unterschied.“ Ein westlicher Sicherheitsberater sagt: „Es war von Anfang an klar, dass ein Land allein nicht die ganze Polizei eines anderen souveränen Staates aufbauen kann. Es gibt immer noch einen Riesenbedarf an Ausrüstung, Fahrzeugen, Waffen und Uniformen, ganz abgesehen von Ausbildung.“

Der bisher aus Mangel an Geld gestückelte Ansatz trägt zu den Problemen bei. So half Deutschland sowohl beim Aufbau der Grenzpolizei als auch bei der für die Überlandstraßen zuständigen Polizeitruppe. Aber illegale Grenzübertritte von Talibanrebellen, Drogenschmugglern und sogar Kinderhändlern, die ihre Opfer zwecks Organhandel in den Nachbarstaaten verkaufen, gehen meist unbehindert weiter. Ein Grund ist die fehlende Kommunikationsausrüstung. „Die Grenzpolizei und die für Überlandstraßen zuständige Truppe können sich nicht gegenseitig alarmieren, weil sie keine Satellitentelefone haben“, sagt der Berater. Innenministeriumssprecher Mashal ist deshalb froh: „Jetzt gibt es bald nicht nur Satellitentelefone, sondern wir wollen auch sechs Hubschrauber kaufen.“

Doch selbst mit bester Ausrüstung kann die ANP nicht so einfach in eine professionelle Truppe verwandelt werden, wenn sie nicht bessere Rekruten bekommt und von fähigen Offizieren geleitet wird. Denn viele Polizisten können nicht einmal lesen und schreiben. Die afghanische Regierung hofft mit Hilfe höherer Gehälter gebildetere Rekruten anzuziehen. So soll das Monatsgehalt eines einfachen Polizisten von umgerechnet 18 auf 70 Dollar steigen. Und korrupte und unfähige Offiziere werden entlassen. MASEEH RAHMAN