Die Wirtschaft wird es schon richten

In ihrer Umweltpolitik setzt die Union vor allem auf den Konsens zwischen Unternehmen und Naturschützern

BERLIN taz ■ Der Dauerstreit zwischen Naturschützern und Wirtschaft soll der Vergangenheit angehören. Zukünftig werden Unternehmen und Umweltverbände an einem Tisch sitzen, gemeinsame Regeln vereinbaren und sich daran halten. Das sind die Wunschideen, die hinter den umweltpolitischen Vorstellungen von CDU und CSU stehen. „Kooperativer Naturschutz“, nennt die Union das Modell in ihrem Wahlprogramm.

So weit die Theorie. In der Praxis dürfte das bedeuten, dass die Wirtschaft mehr Freiraum bekommen wird. Denn schließlich bemängelt die Union, dass die rot-grüne Umweltpolitik „technologischen Fortschritt und Ansiedlung von Industrie und Arbeitsplätzen verhindert habe“.

Beispiel Lebensmittel: Landwirtschaftliche Betriebe sollen „wirtschaftlich erfolgreich sein, ausreichendes Einkommen erzielen und Arbeitsplätze schaffen“, heißt es im Programm. Verbraucherschutz kommt nur am Rande vor. „Wir setzen uns im Interesse unserer Landwirte und zum Schutz der Verbraucher für faire Wettbewerbsbedingungen auf europäischer und internationaler Ebene ein.“ Und auch verbesserte Verbraucherinformationen stellt die CDU in das Wohlwollen der Produzenten. Für dieses Ziel solle die Wirtschaft „gewonnen werden“ – mehr nicht.

So ist es kein Wunder, dass der „kooperative Umweltschutz“ bei den zuständigen Verbänden zurückhaltend aufgenommen wird. Eine solche Vereinbarung könne zwar ein sinnvoller theoretischer Rahmen sein, sagt BUND-Geschäftsführer Gerhard Timm. Entscheidend sei aber die Umsetzung in die Praxis. „Nach den bisherigen Äußerungen der Union zur Umweltpolitik bin ich da eher skeptisch.“

Einen Schritt weiter geht Jürgen Resch von der Deutschen Umwelthilfe: „Ein fatales und falsches Signal.“ Das Modell laufe auf Selbstverpflichtungen der Wirtschaft hinaus, die in der Vergangenheit nicht überzeugt hätten. Gerade aus wirtschaftlichen Gründen müsse Politik einen ordnungspolitischen Rahmen setzten, sagt Resch. Andernfalls fehle den Unternehmen der Anreiz zu innovativen und umweltfreundlichen Produkten.

Das zeige das Beispiel der deutschen Automobilhersteller, die auf wichtige Trends wie Hybrid-Antriebe oder Rußfilter nicht reagiert hätten. Und die Reduktion des CO2-Ausstoßes auf 140 Gramm pro Kilometer bis 2008, zu der sie sich verpflichtet hätten, werde voraussichtlich nicht erreicht. Doch beim Thema Kohlendioxid und Klimaschutz will die Union größere Freiheiten für die Industrie – zumindest in der Energiepolitik. Bereits bekannt war, dass die Union weiter auf Atomkraft setzt. Sonst seien die Kioto-Ziele nicht zu erreichen, so die Argumentation.

Neu im Programm sind die „Weichen für eine geordnete Entsorgung“. Der Salzstock Gorleben, wo die Erkundung seit fünf Jahren ruht, ist laut CDU-Politikern wieder Favorit bei der Endlagersuche. Damit würde die CDU zur „Zwei-Lager-Strategie“ der Regierung Kohl zurückkehren. Neben Gorleben soll nur noch „Schacht Konrad“ auf seine Endlager-Eignung überprüft werden. Kohls zuständige Ministerin hieß Merkel. RENI, STEP

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