„Die Fehmarnbelt-Querung kommt“

RØD-GRØN Schleswig-Holsteins neuer Wirtschafts- und Verkehrsminister Reinhard Meyer (SPD) war mal Gegner des Bauprojekts und will jetzt die negativen Folgen für den Tourismus entlang der Bahnstrecke begrenzen

■ 52, SPD, Politologe, war von 2001 bis 2006 Staatssekretär im Wirtschaftsministerium von Mecklenburg-Vorpommern, von 2006 bis 2012 Chef der Staatskanzlei in Schwerin, seit dem 12. Juni ist er Minister in Schleswig-Holstein. Er wohnt in Hamburg.  Foto: dpa

INTERVIEW SVEN-MICHAEL VEIT

taz: Herr Meyer, Sie mussten die Energiepolitik an das grün geführte Energie- und Umweltministerium abgeben. Fühlen Sie sich amputiert?

Reinhard Meyer: Nein. Wir wollen die Energiewende als Landesregierung gemeinsam umsetzen. Da ist es sinnvoll, alle Zuständigkeiten in einer Hand zu bündeln. Welches Ressort das macht, ist zweitrangig.

Aber das ist – von Offshore über Stromnetze bis zur Vollendung des Atomausstiegs – das größte wirtschaftspolitische Thema. Was machen Sie denn eigentlich den ganzen Tag?

Vieles im Energiebereich ist klassische Wirtschafts- und Standortpolitik. Dafür bin ich zuständig. Und außerdem auch noch für Verkehr, Arbeit, Technologie, Verbraucherschutz und Tourismus – ich langweile mich nicht.

Im Tourismus kennen Sie sich als langjähriger Präsident des Deutschen Tourismus-Verbandes gut aus. Bleiben Sie Chef dieser Lobby-Organisation?

Ja. Das ist ehrenamtlich.

Wollen Sie als Minister Meyer mit Präsident Meyer verhandeln?

Wir haben das auch im Verband besprochen. Ich sehe Synergien, keine Interessenkollision.

Sie sind auch für Verkehr zuständig. Als Chef der Staatskanzlei in Schwerin standen Sie der Fehmarnbelt-Querung ablehnend gegenüber. Jetzt befürworten Sie diese?

Aus schleswig-holsteinischem Blickwinkel habe ich festzustellen, dass es einen Staatsvertrag zwischen Dänemark und Deutschland gibt und dass das dänische Interesse an diesem Projekt sehr ausgeprägt ist. Ich muss davon ausgehen, dass die Fehmarnbelt-Querung kommt, und deshalb werde ich mich als Verkehrsminister damit beschäftigen, welche Auswirkungen das auf die Schienen und Straßen in Ostholstein hat.

Welche denn?

Wir müssen darauf achten, dass Ostholstein nicht zu einem reinen Transitkorridor für europäischen Fernverkehr verkommt.

Woher kommt dieser Sinneswandel?

Als Minister hier muss ich in erster Linie auf das Landesinteresse von Schleswig-Holstein schauen. Da bewerte ich dieses Vorhaben aus Kieler Sicht anders als aus Schweriner.

Sie klingen wie ein Fußball-Profi, der den Verein wechselt und Tore gegen seine alte Mannschaft schießt.

Ich bin vereidigt auf die Verfassung von Schleswig-Holstein.

Das aber auch als Tourismusminister. Und gerade die Seebäder an der Lübecker Bucht befürchten erhebliche Auswirkungen der Fehmarnbelt-Querung: mehr Verkehr, mehr Lärm, mehr Güterzüge auch nachts – und deshalb weniger Feriengäste. Wie wollen Sie diesen Spagat meistern?

Es gibt positive und negative Faktoren. Positiv wären mehr Urlauber aus Skandinavien, negativ wären höhere Lärmemissionen. Ich sähe erhebliche Probleme, wenn die bestehende Bahntrasse, die zum Teil durch die Urlaubsorte hindurchführt, einfach für die zusätzlichen Züge ertüchtigt würde. Das müssen wir mit der Deutschen Bahn lösen.

Lärmschutz oder neue Trasse?

Ja. All das wird zurzeit im Raumordnungsverfahren untersucht. Ich gehe davon aus, dass wir gute Ergebnisse finden werden.

Wie stellen Sie sich die Zusammenarbeit mit Hamburg vor?

Wichtig ist, gemeinsame Politik auf Augenhöhe zu machen. Projekte gibt es reichlich.

Auf Augenhöhe? Mit Hamburgs Alleinherrscher Olaf Scholz?

Da bin ich zuversichtlich.

Im September steht die nächste Windmesse in Husum an. Wird sie auch die letzte sein, weil Hamburg sie ab 2014 „auf Augenhöhe“ ausrichten will?

Dieser Zwist im vorigen Jahr war kontraproduktiv. Wir sind dabei, Lösungen zu finden.

Wie könnten die aussehen?

Warten Sie es ab. Wir werden es mitteilen, wenn es soweit ist.

Die Langfassung des Interviews im Nord-Ressort auf www.taz.de