„Es gibt kein Geld in den Kom­munen“

Dirk Szodrak, 44, Ort­schafts­rats­mit­glied in Zierau, Altmark

Ich bin vor einigen Jahren aus Rostock über das Wendland in die Altmark gekommen. 2019 habe ich beispielsweise initiiert, dass unsere Gemeinde Kalbe (Milde) als erste Gemeinde in Sachsen-Anhalt den Klimanotstand ausgerufen hat. Wir haben hier Glück, weil wir einen recht aufgeklärten Bürgermeister haben, der viele Sachen mitmacht, wenn auch nur als Statement. Aktuell hat die Gemeinde ein Agroforstprojekt angeschoben, aber es wird sich zeigen, ob das auch umgesetzt wird. Das Problem ist: Es gibt kein Geld in den Kommunen – aber die müssen gestärkt werden. Ich erwarte von der Landespolitik, dass sie Kommunen mehr freie Hand für die Nutzung von Geldern gibt, aber auch mehr langfristige Ziele stärkt. Insbesondere die ländliche Region wird oft vernachlässigt. Die Gelder kommen nicht bei uns an, sie werden in städtische Projekte gepumpt oder in Autobahnen investiert, während die Infrastruktur hier fehlt. Wir bräuchten zum Beispiel den Ausbau des ÖPNV-Netzwerkes oder von Fahrradwegen auf den bereits existierenden Straßen. Dazu gehört auch, dass wir als Ideengeber nicht zum Bittsteller werden, sondern es andersherum funktioniert. Die Politik muss nachhaltiger sein, nicht nur ökologisch, sondern auch sozial. Momentan werden kommunale Flächen aus Geldknappheit verkauft, zum Beispiel der Stadtwald in Salzwedel. Kommunen sollten Land aber eher zurückkaufen, eigene Innovationen starten und damit das Gemeinwohl bereichern. Die ländliche Infrastruktur muss sich dahingehend entwickeln, dass es hier lebenswert bleibt. Und dass es das ist, das haben wir durch Corona ja gesehen. Ich bin aber immer auch voller Hoffnung, sonst wäre ich nicht im Ortschaftsrat. Die Altmark bietet viele Freiräume für Ideen, man kann viel ausprobieren. Für mich als linken Menschen gibt es ein gutes soziales Umfeld, die Menschen sind zwar vielleicht etwas verschlossen, aber nicht unbedingt voll mit Ressentiments. Wenn ich auf meine Nachbarn zugehe, empfangen die mich mit offenen Armen. Und es gibt viele Initiativen von jungen Leuten. Ich wünsche mir, dass diese Fuß fassen können und irgendwann dann in die Landespolitik kommen.

Protokoll: Sarah Ulrich