Berlin soll über den Kölner Dom wachen

Nach der Entscheidung, den Dom auf der Roten Liste der gefährdeten Weltkulturerbe zu belassen: Deutsche Unesco erwartet vom Auswärtigen Amt mehr Engagement, um die Kölner davor zu bewahren, ihr Erbe endgültig zu verspielen

KÖLN taz ■ Nach der Entscheidung der Unesco, den Kölner Dom zunächst für ein weiteres Jahr auf der Liste der gefährdeten Weltkulturerbe zu führen, soll nach Ansicht der Deutschen Unesco-Kommission das Auswärtige Amt seine Wächterfunktion stärker wahrnehmen. „Der Unterzeichnerstaat ist hier gefordert“, sagte Unesco-Sprecher Dieter Offenhäußer der taz. An die Adresse der Kölner Lokalpolitik sagte er, sie solle das am Mittwoch in Durban beschlossene Moratorium „als Chance begreifen, zu einer vernünftigen Stadtplanung zu kommen“.

Der Kölner CDU-Oberbürgermeister Fritz Schramma zeigt bislang keine Einsicht in die Forderung der Unesco, die Hochhausplanungen grundlegend zu überarbeiten, die nach Meinung der Denkmalschützer den Dom von seiner dominierenden Stellung im Stadtbild verdrängen. Bis zu fünf Hochhäuser sollen nach dem Willen des OB am Deutzer Rheinufer den wirtschaftlichen Aufschwung des ehemaligen Industriestandorts symbolisieren. Mit der „Ausweisung von Pufferzonen und einer Fülle von konkreten Pflege- und Schutzmaßnahmen“ habe die Stadt „eine Art ‚Schutzwall‘ um den Dom gelegt, der international seinesgleichen sucht“, so Schramma. Er werde den Rat zu einer Aktuellen Stunde nach der Sommerpause zusammenrufen.

Im Gegensatz zum Kölner OB begrüßte das Auswärtige Amt die Entscheidung der Unesco. „Eine Streichung hätte unser Ansehen als Vertragsstaat schwer beschädigt“, sagte Kerstin Müller. Die grüne Staatsministerin betonte: „Wir stehen zu unseren Verpflichtungen aus dem Unesco-Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt.“ Müller hatte vor der Entscheidung der Unesco den Druck auf Schramma erhöht und Kooperation mit den Vereinten Nationen verlangt. Auch der nordrhein-westfälische Bauminister Oliver Wittke (CDU) mahnte die Stadt Köln: „Nun müssen Taten folgen.“ Wittke distanzierte sich indirekt von seinem Parteifreund Schramma: „Die Bedenken des Welterbekomitees nehme ich sehr ernst“, sagte er. „Jetzt gilt es, dieses Jahr zu nutzen, um sie zu entkräften.“

Auch aus dem von CDU und SPD geführten Kölner Stadtrat klangen kompromissbereite Töne an. SPD-Fraktionschef Martin Börschel ließ im Kölner Stadt-Anzeiger die Bereitschaft zu einer „Überarbeitung der Pläne“ anklingen.

Nach allgemeiner Einschätzung wäre der Verlust des Weltkulturerbestatus‘ vor allem ein Imageschaden. Direkte finanzielle Einbußen drohen nicht. Weil einige Reiseveranstalter ihre Touren nach Welterbestätten ausrichten, fürchtet man in Köln einen leichten Rückgang der Besucherzahlen.

Unesco-Sprecher Offenhäußer glaubt nicht, dass nach einer Aberkennung des Status‘ viele Touristen wegblieben: „Vielleicht würde es zunächst sogar einen Anstieg der Zahlen geben, wenn der Dom das einzige je von der Liste gestrichene Weltkulturerbe ist“, kommentiert er mit einem Schuss Zynismus. Aber der Imageschaden einer Aberkennung würde mit Sicherheit nachwirken: „In allen Reiseführern der Welt stünde der Dom als erste Stätte, die von der Liste gestrichen wurde“, so Offenhäußer.

Die Stadt Köln muss nun bis zum 1. Februar 2006 erneut einen Bericht bei der Unesco einreichen, in dem die Hochhausplanungen detailliert aufzuführen sind. Auf dieser Grundlage soll dann das Welterbekomitee auf seiner 30. Sitzung im Sommer nächsten Jahres endgültig über den Verbleib des Doms auf der Liste der Weltkulturerbe entscheiden. Die Aberkennung des Status‘ wäre ein beispielloser Vorgang. SEBASTIAN SEDLMAYR