wortwechsel
: Wohin diese Diskussion wohl führen mag

Boris Palmer entzweit unsere Leser*innen. Rausschmiss oder nicht? Und geht das überhaupt? Schadet die Diskussion den Grünen? Und was wird aus Palmer?

Was nun, Boris Palmer? Schönes Schlamassel. Wie er sich wohl fühlt? Foto: ULMER Pressebildagentur/imago

„Ein Klick zu viel

taz vom 10. 5. 21

Wiederholungstäter

Wenn Boris Palmer anführt, mit seinen fragwürdigen Interventionen allenthalben um die Meinungsfreiheit ringen zu wollen, dann möge er dieser gesamtgesellschaftlichen Aufgabe gerne nachkommen. Aber eben nicht, zumal als öffentlicher „Wiederholungstäter“, mit eben den unredlichen Stilmitteln, denen er angeblich den Garaus machen möchte. Das bedeutet nun mal auch, vorzugsweise auf Ironien und Analogien zu verzichten. Mittlerweile gilt es einzusehen, dass Zynismus zwar durchaus verständlich, für einen breiten sinnvollen Diskurs jedoch Gift ist.

Matthias Bartsch, Lichtenau

Grün lackierter Populist

Palmer geht es nur um Palmer. Er ist zu intelligent, um glaubhaft vorgeben zu können, dass N*schwanz-Postings ironisch gemeint sein können. Es ist leider seine Masche, ein grün lackierter Populist zu sein, der die Methoden der AfD kopiert, um sich im Gespräch zu halten. Ich empfehle Kalten Entzug der Aufmerksamkeit.Kai Hartmann, Frankfurt

An die Grünen in BaWü

Sehr geehrte Frau Baerbock,

sehr geehrte Entscheidungsträger und Entscheidungsträgerinnen der Grünen in Baden-Württemberg, ich möchte an Sie appellieren, die Ausschluss-Bestrebungen gegen Boris Palmer nicht weiter zu verfolgen. Herr Palmer ist doch eindeutig ein starker Zukunftsträger der Grünen. Ich sehe ihn als Nachfolger von Herrn Kretschmann. Er hat in Tübingen eine fantastische, undogmatische, ideen- und erfolgreiche Politik gemacht und genießt die Unterstützung sehr breiter Kreise der Bevölkerung. Ihn jetzt wegen einer Bagatelle so anzugreifen, tut richtig weh! Solche Politiker brauchen wir, sie auszuschließen und damit kaltzustellen ist blanker Selbstmord!

Man muss auch mal verbale Fehltritte tolerieren, gerade von Leuten, deren Einstellung und vor allem deren politisches Handeln, deren Taten in Fragen des Rassismus doch über jeden Zweifel erhaben sind. Dieser Unterschied zwischen Meinungen und Formen, die zu tolerieren oder zu kritisieren sind einerseits und dem realen politischen Handeln, den Taten, der Politik, dem langjährigen Wirken, allgemein der Leistung eines Politikers andererseits muss doch unbedingt gemacht werden. Sonst geht auch die Freiheit der Debatte vor die Hunde. Ich finde die Verfolgung von Herrn Palmer spalterisch. Wenn wir es nicht schaffen, alle fortschrittlichen Kreise der Bevölkerung in wesentlichen Fragen zusammenzuhalten, werden wir mal wieder von den Rechten abserviert.

Rainer von Kügelgen, Hamburg

Im Kern recht

Der Rauswurfs Palmers beziehungsweise die Diskussion darum wird die Grünen mehr Stimmen kosten, wie wenn sie versucht hätten, sich zu distanzieren und es zu ignorieren. Im Kern hat er dummerweise recht. Strolch auf taz.de

Cancel-Kultur

Ich finde es traurig, dass hier schon wieder die Konflikte des letzten Jahrtausends ausgetragen werden. Boris mag sich auf Grund seiner Kindheitserlebnisse berufen fühlen, den Feldzug gegen eine wahrscheinlich fiktive Cancelkultur zu führen, aber die Reaktion der Grünen (wenn auch gut begründet) wertet diesen Schwachsinn nur auf und sorgt dafür, dass über die Notwendigkeit einer sozialökologischen Transformation unserer Industriegesellschaft nicht mehr diskutiert wird. Genau so sinnlos wie die Diskussion der Grünen über Globuli als Kassenleistung.

Philippe Bergmann, Nümbrecht

N-Wort

Danke für die ausgewogene und informative Berichterstattung zum „Fall Palmer“.

Ihre Aussage allerdings, das N-Wort sei „eine früher in Deutschland genutzte rassistische Bezeichnung“, ist empirisch nicht haltbar und laviert hart am Rand des Fake und absichtlich Unwahren. Denn von Michael Ende bis hin zu zahllosen Krimi-Übersetzungen von Sjöwall/Wahlöö, Chandler, Hammett oder Kemelman war dieses Wort bis weit in die achtziger Jahre hinein die normale Bezeichnung für Schwarze.

Erst in diesem Jahrhundert setzte sich die Sichtweise durch, ein von bestimmten Populationen empfundener(!) rassistischer Unterton sei zu vermeiden – und dann wurde diese anfänglich aus Respekt vor dem Anderen eingenommene freiwillige(!) Haltung von einigen Aktivisten zur für alle verpflichtenden Norm erhoben: Seitdem „ist“ das N-Wort angeblich zu jeder Zeit rassistisch.

Spätestens seit Derrida könnte man freilich wissen, dass diese „ontologische“ Festlegung eine Schimäre ist: man kann nicht zweimal dasselbe Wort benutzen, ohne dass sich seine Bedeutung verschoben hat. Bernhard Becke, Xanten

Schadet den Grünen

Völlig unabhängig von der Sache wird es für die Grünen, die erfolgreich sind wie nie zuvor, nicht einfach, einem relativ erfolgreich regierenden Lokalpolitiker nachzuweisen, er habe vorsätzlich gehandelt und der Partei damit erheblichen Schaden zugefügt. Das verlangt das Parteiengesetz nämlich. Ich halte Herrn Palmer selbst für mindestens zwielichtig und der Aogo Tweet war einfach Müll. Aber so einfach ist das mit Parteiausschlüssen nicht und die Grünen laufen hier Gefahr, sich mit Übereifer letztendlich selbst zu schaden.

Clarak auf taz.de

Alles ist falsch

Palmer wusste, dass er mit dem Feuer spielt, er hätte wissen müssen, dass er jetzt den Bogen überspannt. Sich mit solchen Zitaten als Opfer einer Cancel culture zu generieren, lässt einen schon an der psychischen Konstitution Palmers zweifeln. Ein Politprofi hat bewusst den Bogen überspannt. Wenn die Grünen ihn jetzt nicht feuern würden, dann würden alle schreien: Sie tolerieren einen Rassisten in ihren Reihen. Egal was sie machen, es wird falsch sein und es wird immer die geben, die rummeckern..

Opossum auf taz.de

Unbequem für den Mainstream

Um weiter OB zu bleiben, braucht der Palmer die Partei ebenso wenig wie der Ströbele diese brauchte, um als Abgeordneter gewählt zu werden. Beides Personen,die für den Parteimainstream unbequem sind. Wobei der Ströbele natürlich ein ganz anderes Format als der Palmer ist und hat!

Mustardmaster auf taz.de