Fischer schließt sein Nahost-Kapitel

Bei dem vermutlich letzten Besuch des Bundesaußenministers in der Region wird an Lob für sein Engagement nicht gespart. Er setzt sich für ein Ende von Terror und Gewalt sowie für die Umsetzung der Roadmap, des internationalen Friedensplans, ein

AUS JERUSALEM SUSANNE KNAUL

Die Häufigkeit der Nahost-Besuche von Bundesaußenminister Joschka Fischer lässt sich vielleicht mit den Stoßzeiten der Friedensverhandlungen in Anwesenheit der ehemaligen US-Außenminister James Baker und Warren Christopher vergleichen. Mit Blick auf seine europäischen Amtskollegen bleibt er ungeschlagen. Zum 14. Mal innerhalb seiner knapp 7-jährigen Amtszeit kam Fischer diese Woche erneut nach Jerusalem, wo ihm sein israelisches Pendant Silvan Schalom für sein Engagement dankte, „die Gräben zwischen den Palästinensern und uns zu schließen“.

Das klingt schon sehr nach Abschied, wobei, so Fischer, die Bundestagswahlen „nicht Thema“ seines Gesprächs mit Schalom waren. Da ging es vielmehr um den bevorstehenden israelischen Abzug aus dem Gaza-Streifen, der „genau wie die Roadmap von beiden Seiten als erster Schritt hin zu einer Zwei-Staaten-Lösung genutzt werden sollte“. Auch die EU sei gefragt, um beim Aufbau politischer Institutionen zu helfen.

Während sich Fischer mit Blick auf die Bundestagswahlen noch immer hoffnungsfroh gibt, bietet die Perspektive einer mögliche Niederlage für die beiden Konfliktparteien im Nahen Osten Grund zur Sorge. „Fischer ist der Einzige, den beide Seiten als Freund betrachten“, meint der israelische ehemalige Oppositionschef Jossi Sarid vom linken Bündnis Meretz. Dass es einem Politiker gelingt, „in solchem Umfang sowohl in Israel als auch bei den Palästinensern Vertrauen zu gewinnen, grenzt an ein Wunder“. In der Regel gelte der Freund der einen Partei automatisch als Feind der anderen. Das Geheimnis seines Erfolges sieht Sarid in der Tatsache, dass er seine Meinung sagt, „die immer dieselbe ist, auf beiden Seiten. Deshalb ist er glaubwürdig.“

Einen konkreten Erfolg verbuchte der deutsche Außenminister, kurz nachdem er Zeuge eines Bombenattentates in Tel Aviv geworden war. 20 junge Gäste eines in unmittelbarer Nähe zu seinem Hotel gelegenen Tanzlokals starben im Juni 2001. Fischer sorgte dafür, dass die Regierung in Jerusalem mit Zurückhaltung reagierte. Noch Monate später setzte die israelische Presse auf den erneut in Israel weilenden deutschen Staatsgast, mit dem „hier endlich einer ist, der das von den Amerikanern hinterlassene Vakuum füllen kann“, so Adar Primor, Redakteur für Außenpolitik der liberalen Ha’aretz.

Das Vakuum komplett zu füllen gelang ihm zwar nicht, und Jossi Sarid bedauert, dass „die Amerikaner es versäumt haben, selbst Fischer als Hauptvermittler einzusetzen“. Trotzdem geht es vermutlich stark auf seinen Einfluss zurück, dass die palästinensische Führung das Amt des Premierministers einrichtete, mit dem die Rolle des hartnäckigen Präsidenten Jassir Arafat beschnitten werden sollte. Fischer drängte stets auf Reformen und tut es noch immer. Eine „effektive palästinensische Verwaltungsübernahme im Gaza-Streifen, eine positive Wirtschaftsentwicklung und das Ende von Terror und Gewalt“ seien nötig, um das Projekt gelingen zu lassen und zur Umsetzung der Roadmap zurückzukehren.

Zwei Tage vor den Gesprächen Fischers mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas und Premierminister Ahmed Kurei hatte ein Selbstmordattentäter fünf Israelis mit sich in den Tod gerissen. Ein Akt, der den Entwicklungen zu einem friedlichen Zusammenleben zweier Staaten „zuwiderlaufe“. Fischer erinnerte bei seinem Besuch in den Palästinensergebieten daran, dass nicht die Gewalt, sondern die „Genfer Initiative“, eine friedliche Bewegung der beiden Zivilgesellschaften, „den Anstoß für den israelischen Abzug aus dem Gaza-Streifen gegeben hat“. Mit bedingter Zuversicht erwartet der Außenminister die ab Mitte August geplante Räumung des besetzten Landstreifens und resümiert gleichzeitig: „Nach sieben Jahren Erfahrung in der Region weiß ich, dass die Rückschläge hinter jeder Ecke lauern.“