Der Klerus ist nicht zimperlich

Seit 26 Jahren wird im Iran das Entstehen einer Opposition blutig unterdrückt

BERLIN taz ■ Eine Blutspur zieht sich durch 26 Jahre Islamischer Republik. Als der Klerus unter der Führung von Ajatollah Chomeini im Februar 1979 die Macht im Iran übernahm, wurde zunächst mit dem Überbleibsel des gestürzten Regimes abgerechnet. Wem aus der Führungsriege der Schah-Herrschaft nicht die Flucht gelungen war, der wurde im Schnellverfahren zum Tode verurteilt. Eineinhalb Jahre später folgte die Abrechnung mit Linken, Liberalen, Nationalisten, ja selbst mit Gruppen und Organisationen wie den Volksmudschaheddin, die dem islamischen Lager angehörten. Zehntausende wurden verhaftet, in den Gefängnissen brutal gefoltert und hingerichtet.

1988, nach dem Ende des achtjährigen Kriegs gegen Irak, beschlossen die klerikalen Machthaber, mit dem Rest der Gefangenen, die nicht zur Zusammenarbeit bereit waren, kurzen Prozess zu machen. Innerhalb weniger Tage wurden in den Gefängnissen Massenhinrichtungen durchgeführt. Die Schätzungen schwanken zwischen fünf und zehntausend Hinrichtungen.

So gelang es dem Regime, die Entstehung jeglicher oppositioneller Organisationen zu verhindern. Es gibt zwar unterschiedliche politische Strömungen und Fraktionen, die miteinander rivalisieren und um die Macht kämpfen. Diese befinden sich aber ausnahmslos innerhalb des islamischen Lagers.

Parallel zu den Massenmorden wurden auch im In- und Ausland zahlreiche Attentate gegen Politiker, Künstler, Schriftsteller und Journalisten durchgeführt. Das größte Aufsehen erregten die so genannten Kettenmorde von 1999, bei denen das Politikerehepaar Foruhar, die beiden Schriftsteller Mochtari und Pujandeh und der Journalist Zalzadeh ermordet wurden.

Unter den Attentaten im Ausland gelangte der Mordanschlag im Berliner Lokal Mykonos zur Berühmtheit. Dabei wurden vier iranische Oppositionelle niedergeschossen. Ein Berliner Gericht sah es als erwiesen an, dass Revolutionsführer Chamenei und der damalige Staatspräsident Haschemi Rafsandschani den Mord in Auftrag gegeben hatten. Auch der neu designierte Staatspräsident Mahmud Ahmedinedschad wird mit einem politischen Mord in Verbindung gebracht, dem an Abdul Rahman Ghassemlu, Führer der demokratischen Partei Kurdistans, 1989 in Wien. Der österreichische Parlamentarier Peter Pilz ist nach langjährigen Recherchen davon überzeugt, dass Ahmedinedschad das Mordkommando mit Waffen aus der iranischen Botschaft in Wien versorgt habe.

Das bislang letzte Glied in dieser langen Mordkette bildet die Ermordung der kanadisch-iranischen Fotoreporterin Zahra Kazemi. Sie wurde vor zwei Jahren, während sie ein Gefängnis in Teheran fotografierte, festgenommen. Sie starb an den Folgen der Folter. Viele befürchten, dass Akbar Gandschi ein ähnliches Schicksal widerfahren könnte.

BAHMAN NIRUMAND