Tareq Alaows zieht Kandidatur zurück

Nach Drohungen will der aus Syrien geflüchtete Politiker doch nicht zur Bundestagswahl antreten

Von Showmik Khan

Nach Drohungen zieht der Grünen-Politiker Tareq Alaows seine Kandidatur für den Bundestag zurück. Der Jurist und Organisator ist gebürtiger Syrer und wollte in Oberhausen und Dinslaken für die Bundestagswahl antreten. Alaows kandidierte als erste aus Syrien geflüchtete Person – laut eigenen Angaben, um „die Rechte von Geflüchteten und Mi­gran­t*in­nen in Deutschland zu vertreten und für eine vielfältige und gerechte Gesellschaft für Alle einzutreten“.


Die Pressestelle der Grünen in Dinslaken sagte der taz nun aber am Dienstag, dass Alaows wegen Drohungen gegen ihn und Personen aus seinem Umfeld nicht mehr für die Bundestagswahl antrete. Die Drohungen zwangen Alaows demnach, sich vorerst vollständig aus der Öffentlichkeit zurückzuziehen. Alaows selbst sagt: „Die hohe Bedrohungslage für mich und vor allem für mir nahestehende Menschen ist der wichtigste Grund für die Rücknahme meiner Kandidatur.“

Darüber hinaus war Alaows während seiner Kandidatur massivem Rassismus ausgesetzt, der ihm ein aktives Vorgehen unmöglich gemacht hat. „Meine Kandidatur hat gezeigt, dass wir in allen Parteien, der Politik und der Gesellschaft starke Strukturen brauchen, die strukturellem Rassismus entgegentreten und Betroffenen helfen“, so Alaows.

Der Grünen-Politiker Cem Özdemir äußerte sich der taz gegenüber besorgt: „Die Entscheidung von Tareq Alaows, seine Kandidatur für den Bundestag zurückzuziehen, macht mich tieftraurig.“ Er habe aber „volles Verständnis für Tareqs Entscheidung“, so Özdemir, und könne „nur allzu gut verstehen, was die rassistischen Bedrohungen für ihn und sein Umfeld bedeuten. Deutschland hat ein Rassimus-Problem, das zeigt dieser Fall einmal mehr.“ Özdemir sagte weiter: „Nicht diejenigen, die sich gegen Rassismus stellen, dürfen ein Problem haben, sondern die Rassisten müssen ein Problem bekommen. Der Rechtsstaat und seine Sicherheitsbehörden müssen De­mo­kra­t*in­nen effektiv schützen.“ Es dürfe keine Entwarnung für Rassisten geben. Auch er selbst habe sich „ein dickes Fell wachsen lassen“ müssen, so Özdemir. Er habe die meiste Zeit Begleitschutz durch das BKA und sei über seine Familie und sein Team in Sorge. „Aber was ist mit all den Kommunalpolitikerinnen und den ehrenamtlich Engagierten, die angefeindet werden und keinen Personenschutz haben?“


Dr. Deniz Nergiz, die Geschäftsführerin des Bundeszuwanderungs- und Integrationsrates (BZI), kommentiert auf Anfrage der taz: „Ein Kampf dagegen ist natürlich möglich. Aber nicht als Einzelkämpfer*innen!“ Nötig sei ein Unterstützungsnetz, das die Parteien und die Gesellschaft gemeinschaftlich aufbauen müssten. „Po­li­ti­ke­r*in­nen mit Migrationshintergrund zeigen ein Verantwortungsbewusstsein, indem sie politisch aktiv werden, das tun sie nicht für sich allein“, so Nergiz. „Deshalb dürfen sie auch nicht allein damit konfrontiert werden.“ Parteien könnten zusammen mit erfahrenen zivilgesellschaftlichen Organisationen und Sicherheitsbehörden dafür sorgen, dass sich Po­li­ti­ke­r:in­nen mit Migrationshintergrund einbringen können, ohne Angst haben zu müssen. „Bei den Parteien fehlen hierfür wiederum Strukturen und personelle Ressourcen, die Betroffene befähigen können, mit diesen Anfeindungen strategisch, aber auch praktisch umzugehen.“, so Nergiz.


Die mit Tareq Alaows für das taz lab geplante Veranstaltung ist abgesagt. Stattdessen wird ein Gespräch mit Meron Mendel stattfinden, dem Direktor der Bildungsstätte Anne Frank in Frankfurt am Main.