berliner szenen
: Das Theater mit dem Preis

A. hat sich ein altes Auto gekauft. Scheiß auf den Klimawandel. Zu seiner Verteidigung führt A. an, dreißig Jahre lang Öffis und Rad gefahren zu sein. Überzeugender aber ist sein anderes Argument: Der Kauf eines gebrauchten sei so unterhaltsam. Nach Unterhaltung lechzen wir schließlich alle gerade.

Der Händler in Köpenick hatte den Wagen nicht nur viel zu hoch angesetzt, er verteidigte den Preis auch auf unwiderstehlich theatralische Weise. Als A. versuchte, ihn runterzuhandeln, hob der Händler die Arme zum Himmel. Er versprach einen neuen Auspuff und neue Reifen und erklärte, er wisse selbst nicht, wieso er das tue.

A. bat sich Bedenkzeit aus. Einige Tage später rief er den Händler an und versuchte erneut, den Preis zu drücken. Schließlich bat ihn der Händler, den Wagen nicht zu kaufen. Das spornte A. erst recht an. Beim nächsten Termin standen sie nebeneinander unter dem Dach der Autohändlerbaracke. Es regnete, und in den Pfützen schimmerten Ölschlieren. Da riss der Himmel auf, ein Regenbogen spannte sich über dem Fuhrpark des Autohändlers, und das Objekt der Begierde glänzte in der Sonne.

Jetzt oder nie, dachte A. Doch just als er das Portemonnaie zücken wollte, sagte der Händler, ein anderer Interessent habe den Wagen reservieren lassen, er käme am nächsten Morgen eigens von weither angereist. A. traute seinen Ohren nicht. Der Schwindel war so offensichtlich, dass er lachen musste. Schließlich kaufte er den Wagen. Er legte sogar noch einen Wucherbetrag für die Zulassung drauf.

Als er das Auto abholte und vom Hof fahren wollte, fiel das Kennzeichen ab. Der Händler kam mit dem Akkuschrauber angelaufen und bohrte neue Löcher ins Blech. Jetzt hängt das Kennzeichen schief, aber bombenfest. Den Händler kann A. nur empfehlen. Sascha Josuweit