EU: Bei den Banken hapert es an Transparenz

KUNDENFREUNDLICHKEIT Finanzdienstleistungen sind europaweit schwer vergleichbar, zeigt eine Studie

BRÜSSEL taz | Wer aufs Geld achtet, sollte sein Girokonto in Bulgarien eröffnen. Das empfiehlt jedenfalls die aus Bulgarien stammende EU-Verbraucherkommissarin Meglena Kuneva, die am Montag einen Bericht über Qualität und Kosten von Finanzdienstleistungen vorstellte. In Bulgarien kostet ein normal genutztes Konto im Schnitt 27 Euro im Jahr, in Italien 253 Euro. Ein weiteres Fazit: Die meisten Websites geben keinen übersichtlichen, leicht vergleichbaren und umfassenden Überblick über die Kosten. Die Bankmitarbeiter beraten ihre Kunden zudem schlecht, wenn sie Geld anlegen wollen.

Dieser Vorwurf stützt sich im Wesentlichen auf eine Studie des deutschen Verbraucherschutzministeriums aus dem vergangenen Jahr und auf eine EU-Studie aus diesem Jahr. Das Ergebnis: Anlageberater empfehlen oft diejenigen Produkte, für die sie die höchsten Prämien bekommen. Dieser Interessenkonflikt, heißt es in der Studie fett gedruckt und unterstrichen, verdiene „weitere Aufmerksamkeit“. Mit Blick auf die Bankfiliale um die Ecke wird hier ein Problem beim Namen genannt, das derzeit auch die Finanzminister bei internationalen Krisentreffen beschäftigt: Wie kann man das Bonussystem so verändern, dass statt Kasinokapitalismus nachhaltige, krisensichere Investitionen begünstigt werden?

Untersuchungen zeigen, dass die meisten Anleger noch immer mehr dem Rat eines langjährig vertrauten Bankbeamten oder Anlageberaters vertrauen als eigener Recherche und eigenem Urteil. In Deutschland werden so zwischen 50 und 80 Prozent aller Finanzentscheidungen ohne ausreichende Informationen getroffen, schätzt die Kommission. In einem Test hätten 24 von 25 Bankberater minderwertige Produkte angeboten. Oft würden auch teure und ungeeignete Hypotheken verkauft. „Das führt zu geschätzten Einbußen für Verbraucher von 20 bis 30 Milliarden Euro pro Jahr.“

Das klingt dramatisch. Aber oft verhält es sich so, dass ein Investitionsvorschlag, der 2007 nach bestem Wissen gemacht wurde und aus damaliger Lagebeurteilung auch sinnvoll gewesen sein kann, sich vielleicht zwei Jahre später als ruinös entpuppt. Schon jetzt verlangt die Richtlinie über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, dass jeder Anleger umfassend informiert wird. Aus Angst vor Schadenersatzforderungen überschütten viele Berater ihre Kunden mit Informationsmaterial.

Auch bei den Kontoführungskosten ist der mündige Verbraucher gefragt. Nur 9 Prozent der europäischen Bankkunden haben sich in den vergangenen zwei Jahren ein anderes Kreditinstitut gesucht, um Kosten zu sparen. Jeder vierte hingegen hat im gleichen Zeitraum seine Autoversicherung gewechselt. Kuneva führt das darauf zurück, dass die Banken keine übersichtlichen und vergleichbaren Preise ausweisen. „Die Banken müssen ihr Haus in Ordnung bringen und anders mit den Kunden umgehen“, kritisiert sie. Vielleicht liegt es aber gar nicht an den unübersichtlichen Preisen, dass die Bankkunden so phlegmatisch sind. Vielleicht führen sie ihr Konto einfach lieber bei der vertrauten Filiale um die Ecke als in Bulgarien. DANIELA WEINGÄRTNER