Jung, gut ausgebildet, arbeitslos

In Bremer Kitas wird kräftig gespart. Deshalb müssen vermutlich viele der befristet beschäftigten Erzieher gehen. Das Ressort bastelt an Rettungsplänen, um rund 60 Erziehern doch noch weitere Zeitverträge geben zu können

bremen taz ■ Für Jessica Brands ist schon fast alles gelaufen. Die 27-jährige Erzieherin und Sozialpädagogin hat sich schon arbeitslos gemeldet. Sie hat schnell studiert, zwei Berufe erlernt und will im sozialen Bereich arbeiten. Offenbar unmöglich: Jessica Brands hat keine großen Hoffnungen mehr, weiter in Bremen beschäftigt zu werden.

Die junge Frau ist eine von 60 der rund 130 Mitarbeiter bei KiTa Bremen, die vor dem Aus stehen. „Das sind fast alle, die in den vergangenen dreieinhalb Jahren eingestellt wurden – unser gesamter Nachwuchs“, erklärt Rainer Müller, Personalrat der KiTa Bremen. Er hofft, dass zumindest 25 Mitarbeiter im kommenden Kindergartenjahr weitermachen können. Sie könnten Kollegen vertreten, die Fortbildungen absolvieren. Müller kritisiert, dass die gut ausgebildeten Erzieher durch Mitarbeiter, die in einem halben Jahr qualifiziert werden, vertreten würden. „Wir sind zur Manövriermasse geworden“, meint der Personalrat, der den politischen Druck erhöhen will.

Es werde an einer Lösung für das Problem der arbeitslos gewordenen Kollegen gearbeitet, heist es schlicht aus dem Sozialressort. Mehr könne man nicht sagen. Dabei stehen die Erzieher schon in 14 Tagen auf der Straße. „Ich habe gehofft, mal einen sicheren Job zu bekommen, der vernünftig bezahlt wird“, sagt Jessica Brands. Sie lebt immer noch in ihrer Studentenbude, hat bisher um die 1.000 Euro netto für ihre 30 Stunden-Stelle bekommen. Was anderes als befristete Arbeitsverhältnisse kennt die junge Frau nicht.

Die Situation gibt es zum Ende jedes Kindergartenjahres. Es herrscht Unklarheit darüber, welche Erzieherinnen aus dem Mutterschutz zurückkommen, Planungen müssen kurzfristig erfolgen. „Die Kollegen, die jetzt vor der Tür stehen, müssen aber nicht gehen, weil andere Erzieherinnen auf ihre alten Posten zurückkehren“, erklärt Rainer Müller.

„Wir wissen, dass die Situation hart ist“, erklärt Frank Pietrzok, jugendpolitischer Sprecher der SPD-Bürgerschaftsfraktion. Durch die Auflösung von Integrationsgruppen und die geringeren Anmeldungen von Kindern, sei ein Personalüberhang entstanden, der größer sei als in den vergangenen Jahren. „Die Senatorin hat gesagt, dass sie diesmal nicht so optimistisch ist, die Leute unterzubringen“, so Pietrzok, der hofft durch Versetzungen und mehr Übernahmen von Integrationsleistungen durch die KiTa Bremen, den von der Arbeitslosigkeit Bedrohten doch noch in letzter Minute einen Job besorgen zu können.

Jens Crueger, jugendpolitischer Sprecher der Grünen Bürgerschaftsfraktion, ist überzeugt, dass sich die Entlassungen mittelfristig auf die Qualität der Arbeit in den Kitas auswirken werden. „Vor dem Hintergrund von Pisa können wir es uns nicht leisten, hier zu sparen,“ sagt Crueger, der in diesem Jahr eine neue Qualität des Personalabbaus ausmacht. „Die Menschen könne nur schwer motiviert werden, wenn sie nicht wissen, ob oder wo sie morgen arbeiten werden.“

Jessica Brands hat es geschafft bis zum letzten Arbeitstag „ordentliche Arbeit“ abzuliefern, sagt sie. Wer nach den Sommerferien ihren Job macht, weiß heute noch kein Mensch. Und sie selbst? „Ich muss mir was anderes suchen. Aber versuchen Sie das heute mal, als Erzieherin in Bremen.“ kay müller