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Die Leiden der jungen Wertherin

Zwischen den Sexdates taucht er ab. Ruth Herzberg: „Wie man mit einem Mann unglücklich wird“

Ruth Herzberg: „Wie man mit einem Mann unglücklich wird“. Mikrotext Verlag, Berlin 2021, 176 Seiten, 14,99 Euro

Von René Hamann

Wie es scheint, ist zum „Kampf der Geschlechter“ noch immer nicht das letzte Wort geschrieben. Da gibt es zum Beispiel dieses kleine, aber feine Buch, das im kleinen, aber feinen Verlag Mikrotext erschienen ist. Es heißt „Wie man mit einem Mann unglücklich wird“, stammt von der Berliner Autorin und Bloggerin Ruth Herzberg und beschreibt aus weiblicher Perspektive ziemlich eins zu eins das Unglück einer Frau mit einem Mann, der zwischen den Sexdates mit ihr stets völlig abtaucht. Während sie, die Erzählerin, sich hoffnungslos verknallt hat und kontinuierlich nach ihm sehnt, tagein, tagaus; es hat sie mit Liebe geschlagen, obwohl es ihm doch zunächst nur um Sex ging.

Das Buch ist als Roman gekennzeichnet, obwohl es recht schmal daherkommt; es ist in vier Phasen unterteilt, praktischerweise nach Jahreszeiten, und fächert so auch die vier verschiedene Phasen dieser einen, irgendwie prototypischen Beziehung auf. In aller Kürze und ohne zu spoilern lässt sich sagen: Es ist spannend, obwohl man im Grunde von Anfang an weiß, auf was es am Ende hinausläuft. Der hier beschriebene Mann, vermutlich in den Vierzigern, ein Gott im Bett und überhaupt „stark“ und mit einem „größeren Selbstbewusstsein“ ausgestattet, wenn auch völlig grundlos, und überhaupt geiler und besser als die anderen, ist so toxisch wie die gesamte Nicht-Beziehung, die die beiden führen; die Erzählerin ist genauso naiv und zur Selbstreflexion ihrer Objektwahl unfähig – andere Männer, solche, die „weich“ sind oder sich gar von sich aus für sie interessieren könnten, kommen in der Erzählung nicht vor.

Stellenweise sehr lustig

Insgesamt liest sich das mitreißend, stellenweise auch sehr lustig, besonders, wenn sich die Erzählerin traut, vom Thema abzuschweifen und beispielsweise anhand von gemeinsam konsumierten Medien (immerhin!) über die Probleme der Lichtgeschwindigkeit oder das Schicksal des Badewannenopfers Uwe Barschel nachzudenken. Meist aber überwiegen der Wahnsinn, der Selbsthass und das selbstironisch geschilderte Selbstmitleid der Erzählerin – bei allem Verständnis für den Missmut, den dieser Honk von Liebhaber bei ihr auslöst.

So könnte das Buch auch „Die Leiden der jungen Wertherin“ heißen. Der Rest steht bei Eva Illouz, „Warum Liebe endet“. Insofern ist das Buch, das übrigens einen etwas zerfaserten Vorgänger hat („Wie man mit einem Mann glücklich wird“) und potenzielle Nachfolger mit vertauschten Rollen, ein Roman mit der richtigen Länge für Millennials, das kleine Buch zur Liebe in Zeiten des Neoliberalismus – nimmt man den Lockdown-Backlash mal aus, der hier jetzt noch keine Rolle spielt.

Den besten Satz zum Thema hat Ruth Herzberg aber in einem Interview mit dem Deutschlandfunk von sich gegeben: „Wenn man anfängt, wegen einer Beziehung Ratgeber zu konsultieren, dann ist sie bereits vorbei.“ Wort.

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