Linkspartei schlägt Sozialismus

Am Sonntag entfernt die PDS den Sozialismus aus ihrem Namen. Sehr zum Ärger des linken Flügels. Der Unmut über die Äußerungen Lafontaines und die Haltung der Parteispitze dazu werden hingegen kein Thema auf dem Parteitag in Berlin sein

AUS BERLIN ROBIN ALEXANDER

Am Sonntag wechselt die PDS ihren Namen. Die Umbenennung als solche wird unter den 418 Delegierten, die sich im Berliner Congress Centrum (BCC) unweit der Parteizentrale versammeln, unstrittig sein. Zu euphorisiert ist die Mitgliedschaft über die elf Prozent, die Umfragen einer neuen Linkspartei jetzt schon zubilligen. Die Frage, um die es auf dem Parteitag gehen wird, ist: Wie viel PDS bleibt in der neuen Linkspartei?

Der Antrag des Parteivorstandes sieht „Die Linkspartei“ als einzigen satzungsgemäßen Namen vor. Der bisherige Parteiname „Partei des Demokratischen Sozialismus“ verschwände und würde nur noch in der Kürzelform „PDS“ als einer von zwei möglichen Zusätzen auftauchen. Das offizielle Parteikürzel wäre damit in Zukunft nicht mehr „PDS“ sondern „Die Linke“.

Das Parteiengesetz schreibt vor, dass eine Partei nur einen Namen, wohl aber mehrere Zusätze haben kann. Beispiele hierfür sind „Die Grünen/AL“ in Hamburg oder „FDP/DVP“ in Baden-Württemberg.

Der linke Flügel in der linken Partei möchte sich mit der Entsorgung des Parteinamens und des in ihm enthaltenen Begriffs Sozialismus nicht abfinden. Noch dazu, da der Zusatz PDS im Zweifelsfall disponibel wäre. Deshalb werden am Sonntag Gegenanträge erwartet, um wenigstens das Kürzel PDS zum Bestandteil des neuen Parteinamens zu machen. Dies hätte zur Folge, dass die Linkspartei auch im Westen mit eben diesem Kürzel antreten müsste, was man um der dortigen Wähler willen eigentlich vermeiden wollte. Einen bloßen Zusatz hingegen könnte man weglassen.

Deshalb korreliert der Wunsch der Linken mit den Forderungen der Wahlalternative für Arbeit & soziale Gerechtigkeit (WASG). Deren Spitzenleute, die sich nur widerwillig darin fügten, bei der Bundestagswahl auf PDS-Listen anzutreten, möchten den alten Namen weghaben. Um Druck auf die PDS auszuüben, hat die WASG ihre eigene Anmeldung zur Bundestagswahl bisher nicht zurückgezogen. Dies geschehe erst, wenn die Umbenennung erfolgt sei, so WASG-Vorstand Klaus Ernst.

Schon am Samstag wird der PDS-Vorstand das Wahlprogramm der Linkspartei beschließen, das mit der WASG abgestimmt ist. Der Parteitag wird das Programm zur Kenntnis nehmen, kann aber am Sonntag nicht darüber abstimmen. Auch im siebzehn Seiten langen Programmentwurf kommt der Begriff „Sozialismus“ nicht vor. Stattdessen eine nachfrageorientierte Politik mit wesentlich höheren staatlichen Investitionen als bisher. Dazu sollen starke Grundsicherungen kommen: Zum Beispiel eine Grundrente von 800 Euro im Monat und eine Bürgerversicherung für alle Bevölkerungsschichten. Des Weiteren enthält das Programm die Forderung, sofort Hartz IV abzuschaffen und propagiert die Abkehr von der Strategie, Arbeitsplätze vor allem im Niedriglohnsektor zu fördern.

Die designierten Spitzenkandidaten der Linkspartei, Oskar Lafontaine und Gregor Gysi, hatten zuletzt eine Zusammenarbeit oder gar Koalition mit der SPD nicht ausgeschlossen. Der Programmentwurf hingegen orientiert zumindest rhetorisch auf die Opposition: „Wir werden dort sein, wo in unserem Land Protest und Widerstand notwenig sind.“

Keine Rolle soll auf dem Parteitag die Auseinandersetzung mit Oskar Lafontaine spielen. Im Vorstand hat man sich auf einen Kurs des „kontrollierten Konflikts“ mit Lafontaine geeinigt. Das meint: Wenn Lafontaine sich – wie in Sachen „Fremdarbeiter“ und der polizeilichen Androhung von Folter – konträr zum PDS-Programm äußert, sollen PDS-Politiker öffentlich auf diese Differenz hinweisen.

Welche Akzeptanz Lafontaine in der PDS wirklich genießt, wird nicht an diesem Sonntag, sondern erst am 30. Juli offenbar werden. An diesem Datum soll ihn der Landesverband von Nordrhein-Westfalen für den ersten Platz seiner Liste nominieren. Führende PDSler aus NRW sehen jedoch sowohl die WASG als auch Oskar Lafontaine kritischer als ihre ostdeutschen Genossen. PDS-Bundesvorstandsmitglied Katina Schubert, die auf Platz zwei kandidieren soll, kommentierte Lafontaines Auftritt als „haarscharf an der Grenze dessen, was man für ein pluralistisches Bündnis gerade noch akzeptieren kann“.