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heute in bremen„Oft keine barrierefreien Arztpraxen“

Tristan Vankann / fotoetage

Arne Frankenstein,

34, ist Landesbehindertenbeauftragter der Freien Hansestadt Bremen.

Interview Philipp Nöhr

taz: Herr Frankenstein, der Bremer Senat hat 2014 den Landesaktionsplan zur Umsetzung der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen beschlossen. Wie inklusiv ist Bremen heute?

Arne Frankenstein: Ich glaube, dass Bremen schon erhebliche Entwicklungsschritte in Richtung einer inklusiven Gesellschaft gegangen ist. Wir haben hier ein gutes Zusammenwirken zwischen dem Senat und dem Behindertenbeauftragten, dem Landesteilhabebeirat und den Behindertenverbänden. Und es gibt viele zivilgesellschaftliche Organisationen, die dazu beitragen. Aber wir stehen immer noch am Anfang einer Entwicklung. Wenn man sich anschaut, wie wenig die Belange von behinderten Menschen in der Pandemie berücksichtigt wurden, dann zeigt sich, dass eine systematische Ausrichtung von politischen Entscheidungen an der Behindertenrechtskonvention fehlt. Das zeigt sich auch an der Impfverordnung des Bundesgesundheitsministeriums, in der Menschen mit Vorerkrankungen nicht ausreichend berücksichtigt wurden.

Was sind derzeit die größten Herausforderungen auf dem Weg zu einer inklusiven Gesellschaft?

Eine große Herausforderung stellt der Übergang von den Schulen oder Werkstätten auf den Arbeitsmarkt dar. Da müssen wir deutlich weiterkommen. Das betrifft vor allem Menschen, die einen hohen Assistenzbedarf und möglicherweise auch kognitive Beeinträchtigungen haben. Da darf es keinen Automatismus geben, dass nur Angebote aus Behindertenwerkstätten genutzt werden. Eine weitere Herausforderung stellt die Weiterentwicklung barrierefreier Gesundheitsversorgung dar. Haus- und Fachärzte haben oft keine barrierefreien Praxen. Das hat oft etwas damit zu tun, dass es keine rechtliche Verpflichtung gibt, bei Bestandsgebäuden Barrierefreiheit herzustellen.

Hat die Coronapandemie da auch strukturelle Probleme offengelegt?

Während der Pandemie waren es oft Einrichtungen für behinderte Menschen, in denen strenge Besuchsregeln aufgestellt worden sind und die Menschen sozial isoliert wurden. Deswegen muss es auch kleinere, dezentrale Wohnungen geben – auch für Menschen, die einen hohen Unterstützungsbedarf haben. So können die Menschen dort leben, wo sie auch leben wollen.

Deshalb schreibt der Senat den Landesaktionsplan ja fort. Zurzeit laufen die Arbeitsgruppensitzungen, in der Sie die Probleme und möglichen Maßnahmen diskutieren. Was genau ist für die heutige Sitzung geplant?

Die heutige Arbeitsgruppe beschäftigt sich mit Bauen, Wohnen und selbstbestimmter Lebensführung. Das ist die erste Arbeitsgruppensitzung zu diesem Schwerpunkt. Es wird im Laufe des Jahres noch zwei weitere Sitzungen dazu geben. Alle Veranstaltungen sind öffentlich und eine Beteiligung erwünscht. Über ein Online-Tool konnten auch während des Lockdowns Maßnahmen vorgeschlagen werden. Weitere Vorschlage können jederzeit per E-Mail eingebracht werden. Die grundsätzliche Frage ist: Wie können wir den Bremer Aktionsplan auf Grundlage der Menschenrechte weiterentwickeln? Die Formate werden hybrid stattfinden – also online und in Präsenz. Das ist die beste Lösung, um allen Menschen den gleichen Zugang zu ermöglichen.

Arbeitsgruppe „Wie setzt Bremen die UN-Behindertenrechtskonvention um?“ mit Schwerpunkt auf Bauen, Wohnen und selbstbestimmte Lebensführung, 15 bis 18 Uhr, Anmeldung unter office@landesteilhabebeirat.bremen.de oder 0421 / 36 11 81 81

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