brief des tages
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Female Choice

„Die Welt ist auf die Prioritäten des Mannes zugeschnitten“, taz vom 15. 3. 21

Die evolutionsbiologische Konstruktion, dass es „normal“ gewesen sei, dass 80 Prozent der Frauen sich fortpflanzten, aber nur 20 Prozent der Männer, wird im Interview als „female choice“ eingeordnet und anscheinend als positive Idee auch für die Gegenwart verklärt. Meine Assoziationen zu historischen Gesellschaften, in denen solches stattfand, wären eher; Frauenraub, Harem, Jus primae noctis, Versklavung, Vergewaltigung; und die männlichen Individuen, die sich nicht als „Premium-Männer“ (Interviewtext) in der Schlacht und in der Gewalthierarchie durchsetzten, werden direkt zu Tode gebracht. Solches auch nur im Mindesten zu idealisieren, bereitet den Boden für ein desolates Weltbild, zu dem im Vergleich Trump’sche Äußerungen zivilisiert wirken. Ich habe übrigens eine andere Erklärung dafür gelesen, dass es vor, wenn ich mich recht erinnere, 1 Million Jahren laut genetischer Analysen nur noch wenige Männer gab, die sich fortpflanzten: Die anderen hätten sich gegenseitig umgebracht und so die Gattung Mensch fast zum Aussterben gebracht. Female Choice?

Rupert Röder, Mainz