berliner szenen
: Entkoppelt von mir und von der Welt

Aus dem Leim zu gehen, hat offenbar auch seine schönen Seiten. Denn seit Neuestem knallen die Rumpfbeugen nach dem Joggen richtig rein. Beim Aufrichten fühlt sich mein Kopf jedes Mal leicht und leer an. Die Finger kribbeln, ich spüre die Beine nicht mehr. Mein Kreislauf ist wie abgeschaltet. Ein Wunder, dass ich nicht einfach umfalle, denn mich hält im Grunde nur noch die rein mechanisch wirkende Reststatik aufrecht. So stehe ich in der Sonne und lasse das alles gern mit mir geschehen.

Ich muss sagen, es ist schlicht ein geiles Gefühl. Nicht mehr und nicht weniger. Ich rufe den Zustand ja auch mutwillig hervor, seit ich weiß, zu welchen Volten ich den Körper neuerdings zu führen vermag. Vollkommene Leere ist gleich vollkommene Freiheit. Ich bin entkoppelt von mir und von der Welt, wie unter dem Einfluss eines vorzüglichen Rauschmittels. Das überdies nichts kostet, weder Geld noch Nachwirkungen. Das müssen diese körpereigenen Drogen sein, von denen oft die Rede ist.

Mit etwas Abstand ist mir jedoch klar, dass Menschen der Sorte, die stets einen klaren Kopf haben will, sich an meiner Stelle vermutlich sorgen würden. Darum, dass etwas nicht in Ordnung ist, da der Körper nicht wie gewohnt funktioniert. Für mich mit meinem drogenaffinen Mindset ist das natürlich Routine. Ich weiß, dass das vergeht (wenngleich ich mir in diesem neuartigen Fall nicht mal sicher sein kann); ich verstehe meisterlich, auf einer solchen Welle zu surfen, die den Nüchternen bedrohlich erscheinen muss.

Daher ist es ja auch überhaupt nicht so lustig, wie es im Film permanent falsch dargestellt wird, in der Substanzeinnahme unerfahrenen Leuten THC im Kuchen unterzujubeln. Die wissen nicht, was los ist, und bekommen eine Heidenangst. Das ist unempathisch, dumm und kriminell. Uli Hannemann