EU zweifelt an Kohle-Deal

Entschädigungen für Braunkohle-Betreiber könnten überhöht sein

Die EU-Wettbewerbshüter stellen die Milliardenentschädigungen für den Braunkohleausstieg in Deutschland auf den Prüfstand. Wie die EU-Kommission am Dienstag mitteilte, leitete sie eine eingehende Untersuchung zu den geplanten Zahlungen von 4,35 Milliarden Euro an die Kraftwerksbetreiber RWE und Leag ein. Demnach ist nicht sicher, ob die Gelder „auf das erforderliche Mindestmaß“ beschränkt sind und zu Wettbewerbsverzerrungen führen.

Deutschland hatte nach langem Ringen im letzten Sommer den Weg für den schrittweisen Ausstieg aus der Kohle bis spätestes 2038 freigemacht. Für die Stilllegung älterer Braunkohleanlagen vor Ende 2029 sollen die Kraftwerksbetreiber RWE und Leag mit insgesamt 4,35 Milliarden Euro vom Bund entschädigt werden.

Der schrittweise Braunkohle­ausstieg trage zu dem EU-Ziel einer klimaneutralen Wirtschaft bei, erklärte EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager. Zum Schutz von Wettbewerbern müsse die Kommission aber sicherstellen, „dass der Ausgleich, der den Anlagenbetreibern für den vorzeitigen Ausstieg gewährt wird, auf das erforderliche Mindestmaß beschränkt wird“. Dies könne nach bisher vorliegenden Informa­tio­nen nicht „mit Sicherheit“ bestätigt werden.

Die Kommission hat nach eigenen Angaben deshalb „Zweifel“, ob die Entschädigungen mit den EU-Beihilferegelungen vereinbar seien. Dies betrifft der Behörde zufolge einerseits die Berechnung des Ausgleichs für entgangene Gewinne.

Zweiter Punkt sind die Zahlungen für Tagebaufolgekosten. Laut Kommission sind zwar auch hier Entschädigungen denkbar. Brüssel zweifelt aber an den übermittelten Informationen zur Berechnungsgrundlage. Dies gelte insbesondere bei dem „für Leag zugrunde gelegten kontrafaktischen Szenario“.

Die hohen Entschädigungen waren zuvor auch in Deutschland auf scharfe Kritik von Umweltverbänden, Wis­sen­schaft­le­r*in­nen und der Opposition gestoßen. Sie gehen davon aus, dass die Kraftwerke ohnehin kaum noch wirtschaftlich sind und sich dies durch die steigenden CO2-Preise weiter verstärkt, sodass den Unternehmen durch den Ausstieg ein geringerer Schaden entsteht, als vom Staat entschädigt wird.

Die Stilllegungszahlungen für deutsche Steinkohlekraftwerke hatte die Kommission bereits im November genehmigt. Potenzielle Wettbewerbsverzerrungen durch die Zahlungen blieben dort demnach „auf das erforderliche Minimum beschränkt“. (afp, taz)