das portrait: Werders Ömer Toprak sensibilisiert für Hass im Internet
Als André Silva am Samstag in der 9. Minute höher als Werder Bremens Ömer Toprak sprang und zur 1:0-Führung für Eintracht Frankfurt einköpfte, schwante nicht nur Werder-Trainer Florian Kohfeldt Böses. „Machen wir uns doch nichts vor“, sagte er später. „Du verlierst 4:0 in Hoffenheim. Und wenn du gegen Frankfurt noch einmal ein 0:4 kriegst, dann kannst du erzählen, was du willst. Dann kommst du in eine Spirale hinein.“
Dass es nicht so kam, sich die Mannschaft „am eigenen Schopf“ (Kohfeldt) herauszog und mit 2:1 gewann, hatte auch mit Ömer Toprak zu tun. Obwohl er bereits in Hoffenheim mehrfach falsch gestanden hatte, versank er nicht im Boden, sondern biss sich ins Spiel und gewann mit jeder Aktion an Sicherheit, die er an seine Nebenleute weitergab. „Wenn ich als zentraler Defensivspieler einen schlechten Tag habe, dann haben auch alle anderen keinen Halt mehr“, hatte er nach dem Hoffenheim-Spiel Verantwortung übernommen und sorgte nun wieder für die defensive Stabilität.
In der vergangenen Zitter-Saison stand er verletzungsbedingt nur gut 700 Minuten auf dem Platz und ist jetzt ein gefühlter Neuzugang. Die Verletzungsanfälligkeit des Schwaben war den Bremern bei seiner Verpflichtung bekannt, aber ohne die hätten sie ihn 2019 kaum zu realisierbaren Konditionen von Borussia Dortmund verpflichten können. Die Sehnsucht nach einem Spieler, der Erfahrung, Zweikampfstärke und Schnelligkeit vereint, war groß. Dass der 31-Jährige seine PS jetzt auf den Platz bringt, hat wohl auch mit den Lehren zu tun, die Werder in puncto Belastungssteuerung aus der letzten Saison gezogen hat.
Auch auf einem zweiten Feld setzt Toprak im Moment starke Zeichen. Mit anderen Spielern, die dort unter Vertrag sind, beteiligt er sich an der von seiner Agentur initiierten Kampagne #UniteAgainstHate, um für das Thema Cybermobbing zu sensibilisieren. Wie Toni Kroos (Real Madrid), Dayot Upamecano (RB Leipzig), Mark Uth (Schalke 04) und andere liest der 27-fache türkische Nationalspieler in einem Video Hasskommentare vor, die die Spieler selbst erhalten haben, auf Deutsch, Englisch, Französisch und Türkisch. Ralf Lorenzen
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