Bundeskabinett erlaubt Söldner auf Handelsschiffen

PIRATEN II Zertifizierte Sicherheitsfirmen dürfen in Zukunft Schiffe schützen. Sie tun es schon längst

Firmen unterhalten laut UNO „schwimmende Waffenlager“ auf hoher See

BERLIN dapd/dpa/taz | Deutsche Reeder dürfen zum Schutz ihrer Schiffe gegen Piratenüberfälle künftig schwerbewaffnete Söldner an Bord nehmen. Dafür hat das Bundeskabinett am Mittwoch den Weg freigemacht. Es verabschiedete einen Gesetzentwurf für ein Zulassungsverfahren für Bewachungsunternehmen auf Seeschiffen. Hintergrund sind die vielen Piratenüberfälle vor Somalia und im Indischen Ozean auf den Handelsrouten von Asien nach Europa.

Schon heute fahren viele deutsche Schiffe mit Söldnern an Bord, denn nach einer Umfrage der Unternehmensberatung PWC war jedes dritte deutsche Schifffahrtsunternehmen schon von Piraterie betroffen. 58 Prozent der Reeder erklärten demnach, es gebe Sicherheitsdienste an Bord. Die Söldner gehen meist auf hoher See an Bord und verlassen das Schiff wieder, ehe ein Hafen angelaufen wird. So umgehen sie Ärger mit den Behörden wegen ihrer Waffen. Gesetzlich geregelt war das bisher nicht.

In erster Linie sollen die Sicherheitsleute die Schiffe bewachen und nur im Notfall verteidigen. Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) soll die Firmen begutachten und Genehmigungen erteilen. Reeder dürfen dann nur noch zertifizierte Sicherheitskräfte einsetzen. Die Zertifikate werden befristet erteilt.

Der Verband Deutscher Reeder (VDR) begrüßte die Entscheidung. „Unsere Reeder brauchen klare Bedingungen, um die Seeleute effektiv vor der weiter andauernden Bedrohung durch Piraterie schützen zu können“, sagte Verbandspräsident Michael Behrendt, der auch die wichtigste deutsche Reederei Hapag-Lloyd leitet. Behrendt forderte, dass auch internationale Sicherheitsunternehmen dafür zugelassen werden können.

Die UN-Expertengruppe zur Überwachung des geltenden Waffenembargos gegen Somalia hatte in ihrem jüngsten Bericht (siehe nebenstehenden Text) die Zunahme von Aktivitäten privater Sicherheitsfirmen in der maritimen Sicherheit scharf kritisiert. Dieses Geschäftsfeld sei ein Einfallstor für illegale Waffenströme ans Horn von Afrika, da die Firmen nicht mehr nur Schiffe sicherten, sondern „Waffen, Munition und Rüstungsmaterial verleihen und ‚schwimmende Waffenlager‘ einrichten, die in internationalen Gewässern jenseits des Zugriffs irgendeiner effektiven internationalen Regulierungsbehörde operieren“, schreibt die Expertengruppe. Es gebe schätzungsweise 18 „schwimmende Waffenlager“ – im Roten Meer, im Golf von Oman sowie vor Mosambik.

Manche Firmen würden illegal erworbene Waffen aus Jemen oder Ägypten einsetzen, andere würden Waffen von den Regierungen Dschibutis, der Komoren und Sri Lankas leasen. Auf diesem Weg seien beispielsweise mehrere hundert Maschinengewehre aus Sri Lanka, die 2011 der britischen Firma Marine Risk Management ausgeliehen wurden, verschwunden. D.J.