IRAN/IRAK: DIE AUSSÖHNUNG STÖSST AUF VIELE GRENZEN
: Waffenruhe macht noch keinen Frieden

Die Euphorie, die der Staatsbesuch des irakischen Ministerpräsidenten Ibrahim al-Dschafari in Teheran und Bagdad auslöste, sollte vielleicht ein wenig gedämpft werden. Hinter den Staaten liegen jahrzehntelange Spannungen und ein achtjähriger Krieg, der über eine Million Opfer brachte. Es gibt sowohl im Irak als auch im Iran kaum eine Familie, die nicht den Verlust von Angehörigen zu beklagen hätte. Zwar unterzeichneten die ehemaligen Kriegsgegner ein Waffenstillstandsabkommen, das 1988 für Waffenruhe sorgte, doch zu einem Friedensvertrag ist es bis heute nicht gekommen. Für ein friedliches Nebeneinander der beiden Völker fehlen aber nicht nur juristische, sondern auch politische und nicht zuletzt psychologische Voraussetzungen.

Im Irak hat der Krieg der Amerikaner die Schiiten, die die Mehrheit der Bevölkerung bilden, an die Macht gebracht. Es ist auch wahr, dass heute im Irak die politische Führung zum größten Teil bei jenen Schiiten liegt, die von Iran aus gegen das Regime von Saddam Hussein gekämpft haben. Ajatollah Sistani, zurzeit mächtigster Mann im Irak, ist im Iran geboren, Ministerpräsident Dschafari hielt sich zehn Jahre lang im Iran auf. Und für den kurdischen Widerstand erhielt Staatspräsident Talabani in den letzten zwei Jahrzehnten starke Unterstützung aus der Islamischen Republik.

Doch all dies bedeutet keineswegs, dass die Schiiten im Irak den Gottesstaat in ihrer Nachbarschaft als Vorbild betrachten. Dagegen würden sich nicht nur die Sunniten verwahren, sondern auch die gesamten arabischen Staaten. Für sie würde eine enge Zusammenarbeit zwischen dem ersten von Schiiten regierten Land in der arabischen Welt mit dem ebenfalls schiitischen Iran eine große Gefahr bedeuten. Schließlich sind da noch die USA, die Iran als „Schurkenstaat“ auf der „Achse des Bösen“ betrachten und daher alles daran setzen werden, einen größeren Einfluss Irans im Irak zu unterbinden. Die Spielräume für eine Annäherung sind da – aber in den Grenzen, die von der Erinnerung an den Krieg und von der internationalen Politik gezogen werden. BAHMAN NIRUMAND