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berliner szenenEs passiert zum zweiten Mal

Es ist mir zum zweiten Mal passiert. Ich habe den falschen Fahrradschlüssel ins Fahrradschloss gesteckt, umgedreht, und der Schlüssel brach ab. Schlüsselbart blieb im Schloss stecken. Vielleicht fragen Sie sich, warum ich verschiedene Fahrradschlüssel habe und die verwechsle? Das ist, weil ich an meinem Fahrrad drei Schlösser habe, damit es möglichst nicht geklaut wird. Die drei Schlüssel klimpern am selben Ring, da kann man schon mal was verwechseln.

Das erste Mal war im Sommer. Ich stand draußen mit dem abgebrochenen Schlüsselende und gab in die Suchmaschine Wörter wie „Fahrradschlüssel“, „abgebrochen“ und „Problem“ ein. Die Sache war so kompliziert, weil über dem Schlüsselloch eine Art Minimetalltor war, das sich immer von allein schloss. Mir half dann jemand mit Adleraugen und technischem Geschick.

Es war damals hell, und ich hatte ein T-Shirt und kurze Hosen an. Das zweite Mal war jetzt, im Winter, es war dunkel, als es wieder passierte, und ich fror. Ich holte Stirnlampe und Büroklammern, friemelte am Schloss rum und musste dafür die Handschuhe ­ausziehen. Die Signalweste ließ ich aber extra an, aus Angst, jemand könnte mich sonst für einen Dieb halten. Mein Gedanke: Wenn die Leute mich mit verbogener Büroklammer am Schloss hantieren sehen, wissen sie, das kann kein Dieb sein, denn ein Dieb macht vermutlich nicht mit Signalweste auf sich aufmerksam. Wie auch immer, ich hatte eh keinen Erfolg. Am anderen Tag half mir wieder der Mann mit den Adleraugen, er holte den Schlüsselbart raus, obwohl er gerade einen Verband an der Hand hatte.

Ich war so erleichtert. Aber die ganze Zeit erinnerte ich mich an die Situation im Sommer: Da war ich auch so erleichtert. Und ich weiß genau, wie ich damals dachte: Das passiert mir kein zweites Mal. Giuseppe Pitronaci

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