Ralf Pauli über versprochene Schulöffnungen im Lockdown
: Schließung wider Willen

Langsam scheint es den Kul­tus­mi­nis­te­r:in­nen zu dämmern, dass es wohl nicht so schnell gehen wird mit den baldigen Schulöffnungen. Erst zwang der Aufschrei an Berliner Schulen die dortige Bildungssenatorin Scheres, ihre schrittweise Rückkehr zum Wechselunterricht zurückzunehmen. Ob die Grundschulen jetzt noch im Januar öffnen, wie Scheres’Plan ursprünglich vorsah, ist völlig offen. Brandenburgs Bildungsministerin Ernst rückte diese Woche ab von der erhofften Grundschulöffnung vor Februar. Und jetzt musste auch noch ihre Amtskollegin aus Baden-Württemberg, Eisenmann, zähneknirschend verkünden: bis Februar bleiben Kitas und Schulen zu.

Das ist bemerkenswert. Kein:e an­de­re:r Bildungsminister:in hat seit Corona für mehr Stirnrunzeln gesorgt wie die CDU-Politikerin aus dem Ländle. Niemand stemmte sich im Herbst vehementer gegen die Halbierung der Klassen („Wechselunterricht wäre ein existenzieller Fehler“). Und niemand anderes versuchte noch vor Silvester – und damit vor den Bund-Länder-Beratungen – Fakten zum Schulstart nach den Weihnachtsferien zu schaffen: und zwar „unabhängig von den Inzidenzzahlen“, wie sie freimütig klarstellte.

Dass Eisenmann jetzt nicht von sich aus zurückruderte, sondern von ihrem Chef Kretschmann überstimmt werden musste, verdeutlicht nur den Ernst der Lage. Gut möglich, dass die Virusmutationen hierzulande bald zu irischen Verhältnissen führen – und Präsenzunterricht höchstens noch mit massenhaften täglichen Tests an Schulen denkbar wird (was die Länder am besten jetzt schon vorbereiten sollten!). Es zeigt aber auch, dass Kretschmann seiner Ministerin nicht mehr alles durchgehen lässt. Schließlich ist Eisenmann Spitzenkandidatin der CDU für die Landtagswahlen im März. Und ein verhasstes Mitglied im Kabinett, das gegen den Willen vieler Betroffenen Schulöffnungen durchdrückt, könnte auch seiner Beliebtheit schaden. Was Kretschmann aber nicht verhindern kann: dass sein schwarz-grünes Vorzeigeprojekt ausgerechnet im Jahr der Bundestagswahl Risse bekommt.

inland