wortwechsel
: Impfen und Gesundheitsschutz

Gibt es einen Impfskandal? Würden drei Wochen Kontaktunterbrechung das Virus stoppen? Corona beschäftigt alle. Aber auch die Krise der Lokalzeitungen ist ein Thema

Testen, testen, testen und ab Ende Dezember impfen Foto: Markus Schreiner/ap

Täglich sterben mehr

„Der Impfskandal ist keiner“,

taz vom 16. 12. 20

Doch Skandal. Und was für einer. Jeder Tag ohne Impfung bedeutet tatsächlich täglich mehr Tote in den Risikogruppen. Die auf Hilfe angewiesenen Menschen in den Pflegeheimen sind am meisten gefährdet. Sie sterben jetzt auch bei uns vermehrt an Covid-19. Und täglich werden es mehr. Es ist mit völlig unverständlich, warum es für Senioren- und Pflegeheimbewohner keine Notzulassung der Impfstoffe gibt. Jüngere Menschen und Menschen ohne bisher bekannte Risikofaktoren können ein parallel weiter laufendes, reguläres Zulassungsverfahren abwarten. Nicht jedoch bei Bewohnerinnen und Bewohnern von Pflege- und Seniorenheimen. Diese Patienten haben schlichtweg keine Zeit. Sie sterben jetzt, da es offensichtlich wirksame Covid-19-Impfstoffe gibt, weiter unnötig an Covid-19. Wie kann man so etwas verantworten?

S. Geis, Facharzt für Allgemeinmedizin, Deggingen

Man kann’s niemandem recht machen

Der Impfskandal ist keiner“,

taz vom 16. 12. 20

Dem umsichtigen Kommentar von Ulrike Herrmann ist freilich zuzustimmen. Zumal es jene, die in der Politik und Behörden nun eine außerordentliche Verantwortung tragen, aufgrund der derzeitig angespannten Gemengelage ohnehin nichts und niemandem recht machen können. Gewiss, es wurde bei weitem nicht alles richtig gemacht und wir haben, bei aller Fürsorge und Vorsicht, das Virus in großen Teilen unterschätzt. Jetzt jedoch, nicht zuletzt mittels kurzsichtiger Schuldzuweisungen bewährte Sicherheitsprinzipien aus rein politisch-populistischen Gründen aufzugeben, hieße über den Moment hinaus, die Abwehr gegen den Krankheitserreger weiter zu schwächen und die erlittenen Kontrollverluste schlichtweg zu vergrößern. Und auch, wenn unser Verhalten und Fehlen nur allzu menschlich war, ist und sein wird, das Virus lässt sich allein von unserer Vernunft und Disziplin „beeindrucken“.

Matthias Bartsch, Lichtenau.

Wo ist der Gesundheitsschutz?

„Naturphänomen Lohnarbeit“,

taz vom 15. 12. 20

Danke für diese überfällige Analyse! Vor allem in Berichten über den sogenannten „zweiten Shutdown“ fehlt seit langem die Feststellung, dass wir noch nicht einmal einen ersten hatten. Sondern nur Schul- und Ladenschließung. Die 80–90 % der Bevölkerung, die zwei Drittel ihrer außerhäusigen Kontakte im Rahmen anderer Tätigkeiten haben, müssen dagegen weitermachen, wenn ihnen kein Homeoffice zustand. Aber Gesundheitsschutz? Gar staatlich verordnet? 75 % der Infektionsgelegenheiten sind komplett unbekannt, gemaßregelt wurden und werden aber ausschließlich die 10–15 Prozentpunkte, bei denen eine Rückverfolgung möglich ist. Selbst nach 3 Monaten harter und 6 Monaten schwächerer Einschränkungen im Privatleben hat das keine Wirkung gezeigt, obwohl eine Krankheit mit maximal 2 Wochen Infektionszeit schon durch 3 Wochen komplette Kontaktunterbrechung besiegt sein könnte. Von daher: „Wollt ihr den totalen Lockdown?“ „JA!“

Torsten Vogel, Fürth

Einzelhändler Schließungen

„Einmal noch wach, dann ist Lockdown-Weihnacht“,

taz vom 15. 12. 20

Wir betreiben ein Blumenfachgeschäft und mussten durch den Lockdown schließen wie auch andere Geschäfte, da Blumen nicht relevant sind. Warum dürfen Märkte und Discounter dann genau diese Artikel verkaufen, und sogar durch Werbung und Sonderangebote in den Markt locken?

Thomas Jügel, Hollern-Twielenfleth

Wirksamkeit Globuli

„Forschungsstand ist keine Meinung“,

taz vom 18. 12. 20

Frau Winkelmann nennt als Beispiel für Mythenglaube (Negation wissenschaftlicher Ergebnisse) die Freundin, die homöopatische Globuli zu sich nimmt. D. h., es wird daraus geschlossen: Freundin glaubt an Wirksamkeit der Globuli, obwohl der Forschungsstand sei, dass Globuli nicht wirken, also glaubt die Freundin an einen Mythos. Kein Wissenschaftler behauptet, dass Globuli nicht wirken (wirken im Sinne von eine Person hat Beschwerden, schluckt ein Globuli und fühlt sich danach besser), genauso wie kein Wissenschafler behaupten würde, Placebos wirken nicht. Zum Mechanismus, warum Globuli ab und zu wirken, weiß man bisher nur, dass er unabhängig von der Anzahl Moleküle der Grundsubstanz ist und die Wirkungsweise von der individuellen Kombination Person <-> Krankheit abhängt. Damit sind Globuli Placebos im Sinne der Definition. Globuli wirken nicht vorhersehbar im Sinne der Doppelblindstudien, d. h. aber eben *nicht*, dass sie nicht wirken. Jemand, der Globuli einnimmt, glaubt also nicht an einen Mythos, sondern hofft einfach, dass sie/er zu der Gruppe derjenigen gehört, für die das Kügelchen bei ihrer/seiner spezifischen Krankheit wirkt. Mit der Ansicht „Forschungsstand ist, dass Globuli nicht wirken“, gehört Frau Winkelmann zwar nicht zur Gruppe derer, die den Forschungsstand für eine Meinung halten, aber zu der Gruppe derjenigen, die ihre Meinung für den Forschungsstand halten. Mit welcher der beiden Gruppen schwieriger zu diskutieren ist, dürfte nicht leicht zu entscheiden sein.

Frank Liepold, Durmersheim

Schlagloch

„Weiter im Text“,

taz vom 16. 12. 20

Ein sehr schönes, selbstironisches Schlagloch bzw. erfrischendes Bad im Wörter-See, gerade wenn man es selbst täglich mit Texten zu tun hat und dies in Corana­zeiten nochmal besonders wertschätzen konnte! Auf dass es noch lange dauert, bis der letzte Text dann doch verstummt – und bis solche Beiträge nicht mehr beim Blättern durchs Papier ins Auge fallen!

Marion Fisch, Hamburg

Regionalzeitungen

„Schrumpfen mit dem Ziel, zu erhalten“,

taz vom 15. 12. 20

Ein sehr interessanter Artikel über die Potsdamer Neuesten Nachrichten. Mir ist keine einzige Regionalzeitung in Deutschland bekannt, die nicht in den letzten Jahrzehnten massiv an Lesern verloren hat. Daher wird sich auch jede Zeitung die Frage stellen müssen, wie man sich in Zukunft positioniert. Praktisch niemand scheint sich da auf die entscheidende Daseinsberechtigung der Regionalzeitung konzentrieren zu wollen: das Regionale. Das ist doch das Alleinstellungsmerkmal. Ich möchte über die Ereignisse in meiner Stadt und meiner Region informiert werden, möchte Analysen der regionalen Wirtschaft und Sportvereine lesen. Den Rest bekomme ich über die taz, und die Millionen jungen Leute, die das nicht tun, bekommen es über das Internet. Wer abonniert denn heute eine Regionalzeitung, um über nationale oder internationale Politik zu lesen? Trotzdem ist mir keine Regionalzeitung bekannt, die sich als Antwort auf die schwindenden Leserzahlen auf das Regionale konzentriert. Stattdessen werden die regionalen Redaktionen gekürzt und die überregionalen schließen sich zu immer größeren Deutschland-Redaktionen zusammen.

Christian Tulka, Mannheim