boulevard der besten: Daniel Zylbersztaijn-Lewandowski
Aus London, Großbritannien, berichtet Daniel Zylbersztajn, 1969 in München geboren, seit 1991 in der britischen Hauptstadt lebend. Im Jahr 2012 machte er erstmals auf sich aufmerksam, als er von den Olympischen und Paralympischen Sommerspielen in London berichtete. Und wie! Seine Sprache ist von verblüffendem Bilderreichtum und lebhafter Durchinformiertheit, die ihm in der taz und ihrem Publikum rasch einen großen Fankreis eintrug.
Dass er, der Englandkorrespondent, schließlich umfangreich und kundig über den Brexit – seine Voraussetzungen, seinen Verlauf und seine mutmaßlichen Folgen – berichtete, war ein noch besseres Glück für diese Zeitung. Bis in kleinste Verästelungen vor allem linker britischer Realität reichte seine Analyse, als er unter der Regentschaft des vorläufig nicht mehr suspendierten ehemaligen Partei- und Fraktionschefs von Labour, Jeremy Corbyn, den wachsenden und durchaus hingenommenen Antisemitismus in der britischen Arbeiterpartei registrierte und beschrieb. Kein deutscher Korrespondent hatte so intensiv Quellen in der Linken aufgetan und über sie für uns zu reportieren gewusst. Und wir ahnten: Der Caffe-Latte-Mate-Jetset der Identitätslinken (+ Gewerkschaften) haben in der Tat ein massives ideologisches Problem und eines, das ist die Tragödie der britischen Linken, mit der jüdischen Mitgliedschaft von Labour.
Inzwischen widmet er sich auch seiner eigenen Lebensgeschichte, der seiner Familie – und hat jüngst auch den Namen seiner Mutter angenommen, ihr zu Ehren, zum Gedenken an ihren Lebensweg, der viel mit der von Deutschland verursachten Shoah zu tun hatte. Er selbst schreibt uns: „Was 1933–45 geschah, zieht sich also bis heute in die Gegenwart. Wenige wissen, dass viele der Kinder von Überlebenden, die nach dem Krieg in Deutschland aufwuchsen, als Erwachsene Deutschland verlassen hatten. Sie leben wie ich in London, oder in den USA oder Israel. Wir haben eine ambivalente Beziehung zu Deutschland, aber waren nie ganz weg, und lebten, als wir da waren, Leben, die sich in ganz bestimmten Punkten von denen nichtjüdischer Deutscher unterschieden.
Wenn sein Buch über seine Familiengeschichte erschienen ist, werden wir ihn und seine Geschichte auch im taz Talk kennenlernen können: ba hazlecha! Jan Feddersen
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