Weniger Neudeutsche

Die Zahl der Einbürgerungen in Deutschland geht seit Jahren zurück. Daran ist die behäbige Verwaltung schuld

BERLIN taz ■ Deutschland bürgert offiziell immer weniger Menschen ein. Im vergangenen Jahr nahmen 127.150 Menschen die deutsche Staatsbürgerschaft an. Das sind knapp zehn Prozent weniger als im Vorjahr. Die vorläufig höchste Zahl an Einbürgerungen gab es im Jahr 2000, mit 186.700 neuen Deutschen.

Als Ursache für die seitdem sinkenden Zahlen nennt das Büro der Integrationsbeauftragten, Marieluise Beck (Grüne), verwaltungsinterne Gründe. „Die Zahlen haben sich normalisiert. Ein Teil des Überhangs konnte abgearbeitet werden.“ Einen chronischen Rückgang an Eingebürgerten kann Becks Sprecherin Malti Taneja nicht bestätigen: „Die Zahl der Einbürgerungen gibt keine Auskunft über die Zahl der Anträge in einem Jahr. Manche Anträge sind schon Jahre alt, wenn sie bewilligt werden“, sagt Malti Taneja. Die große Zahl der Neudeutschen im Jahr 2000 war Neuregelungen in Deutschland und dem Ausland geschuldet. Für Kinder gab es in diesem Jahr die Möglichkeit, die deutsche Staatsangehörigkeit anzunehmen, ohne die alte ablegen zu müssen.

Die Türkei änderte im Jahr 2000 die Ausbürgerungsregeln. Viele Türken – immer noch die größte Gruppe der Neudeutschen – konnten dann den türkischen Pass zurückgeben, den sie vorher ungewollt hatten behalten müssen. Sie erhielten im Gegenzug das deutsche Reisedokument. EU-Bürgern wurde es 2000 ebenfalls erleichtert, die deutsche Staatsbürgerschaft zu erhalten. Wenn ein EU-Land die doppelte Staatsbürgerschaft toleriert, können seine Bürger Deutsche werden, ohne ihren anderen Pass abgeben zu müssen.

Wegen dieser Veränderungen hätten sich die Anträge dieser Gruppen gehäuft, so Taneja. Wie groß das Interesse am deutschen Pass aktuell sei, könne sie nicht beurteilen. „Die Anzahl der eingereichten Anträge ist Ländersache und wird statistisch nicht erhoben“, sagte sie. Es gebe auch keine Daten darüber, wie lange unbewilligte Anträge auf den Ämtern liegen. SOLVEIG WRIGHT