corona & arbeit (X)
: „Einige haben jetzt Ersatzstellen in Deutschland“

Die Pandemie hat für viele Menschen Arbeit und Einkommen verändert – oft negativ, manchmal auch positiv. In den nächsten Wochen lassen wir hier jene zu Wort kommen, die Corona direkt im Arbeitsalltag und auf dem Konto spüren.

Zehnte Folge: Bildungsreferentin Sandra Gauss aus Berlin

„Bei den Internationalen Jugendgemeinschaftsdiensten (ijgd) bin ich zuständig für den Internationalen Jugendfreiwilligendienst (IJFD) in Italien.

Dieses Programm richtet sich an junge Menschen zwischen 18 und 26 Jahren. Die Freiwilligen arbeiten ein Jahr lang in einer sozialen Einrichtung: Mit Menschen mit Behinderung, Se­nior:in­nen oder Kindern. Gefördert wird der IJFD vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ).

Das mache ich seit acht Jahren. Zu meinen Aufgaben als Pädagogische Referentin gehört, Einsatzstellen in Italien zu suchen und zu akquirieren, Bewerbungstage durchzuführen und zu schauen, welche Leute geeignet sind für einen IJFD, Fördergelder zu verwalten und die Rahmenbedingungen für den Auslandsaufenthalt zu schaffen. Ich betreue die Freiwilligen bei Fragen und Konflikten, die in Italien entstehen. Außerdem organisiere ich drei Seminare, die die Teilnehmenden während des Freiwilligendienstes besuchen.

Italien war das Land, in dem Corona in Europa als Erstes angekommen ist. Die Geschwindigkeit und das Ausmaß der Verbreitung hat uns alle überrumpelt. Ich habe mich mit dem BMFSFJ und anderen Organisationen abgesprochen, die Freiwilligen in betroffenen Regionen abtelefoniert,Infomails geschrieben, stand mit dem Auswärtigen Amt und Versicherungen in Kontakt. Ein großer Teil meiner Arbeit bestand auch darin, mit Eltern zu telefonieren, sie zu beruhigen.

Schon bevor es zu den ersten Kontaktbeschränkungen in Deutschland kam, war etwa die Hälfte der Freiwilligen wieder zurück, weil ihre Einsatzstellen in Italien bereits geschlossen hatten, kurz darauf kam dann auch die offizielle Mitteilung vom Auswärtigen Amt, alle Leute zurückzuholen. Ich arbeitete hauptsächlich aus dem Homeoffice.

Meine Kolleg:innen und ich hatten viele Zoom-Treffen, bei denen wir überlegt haben, wie es weitergeht. Es gab große Unsicherheiten. Was ist mit der Versicherung der Freiwilligen? Können sie wieder nach Italien zurückkehren? Was passiert mit den Fördergeldern? Die Zeit war sehr stressig, weil ich mich gleichzeitig um dasHomeschooling meines jüngsten Sohnes kümmern musste.

Foto: privat

Sandra Gauss, 51, arbeitet für die Internationalen Jugendgemeinschaftsdienste (ijgd) in Berlin

Nach einigen Wochen wurde es besser. Viele der Freiwilligen aus Italien konnten sogar wieder zurück zu der Einsatzstelle reisen, andere haben eine Ersatztätigkeit in Deutschland angefangen.

Momentan sind Freiwillige in Italien. Damit hatten wir Glück – außerhalb Europas ist die Ausreise für Freiwillige meistens nicht möglich. Die Förderungen des BMFSFJ laufen zwar erst einmal weiter. Doch was ab Januar sein wird, wenn die Freiwilligen coronabedingt nicht ausreisen können oder wieder zurückkehren müssen, ist unklar. Wie geht es weiter mit den Fördergeldern? Können Freiwilligendienste weiter stattfinden?

Ich hoffe, dass keine Stellen wegfallen. Bevor das passiert, würde ich lieber in Kurzarbeit gehen.“ Protokoll: Christina Gutsmiedl