Die Kohle reicht schon wieder nicht

Nicht nur der Justizsenator begehrt einen Nachschlag für 2005. Nur: Die SPD will nicht jeden Monat neu über Nachtragshaushalte im Parlament verhandeln. Der Senat solle alle absehbaren Überschreitungen jetzt auf einmal offen legen, fordert sie

Bremen taz ■ Der Haushalts- und Finanzausschuss muss heute offiziell zur Kenntnis nehmen, dass Justizsenator Henning Scherf (SPD) mit seinem Etat wohl nicht auskommen wird – zehn Millionen Euro Mehrausgaben stehen für 2005 ins Haus. „Mehrausgaben resultieren im wesentlichen aus den engen Budgetvorgaben“, heißt es verräterisch in der Begründung, „bei einem gleichzeitigen Anstieg der verfahrensbedingten Ausgaben“. Dass die Ausgaben „verfahrensbedingt“ steigen würden, überraschte nicht – schon 2004 war das Ressort mit den Haushaltsansätzen nicht ausgekommen. Anstatt daraus jedoch beim ersten Nachtragshaushalt Konsequenzen zu ziehen, ließ der Senat die Sache laufen. „Wir haben schon bei den Haushaltsberatungen gesagt, dass die Eckwerte zu niedrig sind“, erklärt die Oppositionspolitikerin Karoline Linnert (Grüne) dazu. In den Ressorts Soziales, Inneres und Kultur seien ähnliche Probleme absehbar – an einem weiteren Nachtragshaushalt im Herbst ginge wohl kein Weg vorbei.

Das wäre dann der dritte für das laufende Jahr. Zum ersten Mal musste der Haushaltsplan korrigiert werden, weil die Luftbuchung auf den Kanzlerbrief ausfiel. In diesen Wochen ist der zweiten Nachtragshaushalt im Verfahren, weil die so genannten Verpflichtungsermächtigungen, die der Senat für den Neubau Kaiserschleuse (232 Millionen Euro) ausstellen will, das bisher genehmigte Niveau deutlich überschreiten. Dass im Herbst dann zum dritten Mal weitere Schulden genehmigt werden sollen, will die SPD allerdings nicht hinnehmen. „Ich glaube nicht, dass man das Parlament wie am Fließband mit Nachtragshaushalten beschäftigen kann“, sagt die SPD-Finanzpolitikerin Cornelia Wiedemeyer. „Wir wollen, dass der Senat alle für 2005 absehbaren Probleme in einem Nachtragshaushalt zusammenfasst.“ Ein Papier, das nur das Geld für die Kaiserschleuse bewillige, alle anderen Finanzprobleme aber ausklammere, werde man im September, wenn die nächste Parlamentssitzung ist, so nicht durchgehen lassen, sagt Wiedemeyer.

Bis September soll der Senat auch einen Überblick darüber geben, welche Investitionsprojekte noch in den bis 2010 beschlossenen Finanzrahmen passen und welche nicht. Die Grünen hatten sich in einer kleinen Anfrage nach den geplanten Mitteln bis 2014 erkundigt. Von 2005 bis 2010 soll Bremen, so die Beschlusslage, im Rahmen des so genannten Anschlussinvestitionsprogramms insgesamt 1,3 Milliarden Euro neue Schulden machen für Investitionen und investive Subventionen. Davon, heißt es in der Antwort des Senats, sind – Stand Mitte Juli – 988 Millionen Euro bereits ausgegeben oder verbindlich verplant. Von den geplanten Investitions-Summen der Jahre 2011 bis 2014 sind immerhin 220 Millionen Euro– bald ein Viertel – schon über „Vorfinanzierungen“ gebunden oder festgelegt.

Ausgaben wie die 232 Millionen Euro für die Kaiserschleuse sind in solchen Rechnungen nicht einmal enthalten, sondern sie werden als „Hafenvermögen“ deklariert und außerhalb des Haushaltes geführt. Ausgaben und Zinsen werden auf diese Weise völlig unabhängig von der Haushaltsplanung gebucht und ihre schrittweise Übertragung in offizielle Schulden des Landes Bremen – als „Finanzierung“ deklariert – auf die kommenden Jahrzehnte vertragt. So werden noch über den Haushalt 2005 gut 14 Millionen Euro für das Containerterminal III (CT III) „finanziert“, das schon in den 90er Jahren gebaut worden ist. 5,9 Millionen Euro fließen in diesem Jahr ab für das CT IIIa. Und für das CT IV, das derzeit in Bau ist, werden die gesamten Baukosten – 500 Millionen Euro – auf das Konto „Sondervermögen Hafen“ gebucht, die erste Rate von 17 Millionen Euro soll im Jahre 2007 „finanziert“, also in den offiziellen Schuldenhaushalt umgebucht werden. Auch die Baukosten für den Hafenzubringer Cherbourger Straße in Bremerhaven und für die Kaiserschleuse werden als Schulden beim „Sondervermögen Hafen“ verbucht, erste Tilgungsraten sollen ab dem Jahre 2010 im Haushalt auftauchen. Insgesamt umfasst das „Sondervermögen Hafen“ – die beschlossene Kaiserschleuse mit eingerechnet – einen Schuldenberg von rund 800 Millionen Euro. Klaus Wolschner