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Frauen und die US-WahlNichts soll die Idylle stören

Donald Trump hat bei den Vorstadtfrauen Stimmen verloren. Die weißen, gut ausgebildeten Hausfrauen verachten sein Machogehabe.

Anhängerinnen von Joe Biden in Michigan Ende Oktober Foto: Emily Elconin/reuters

Berlin taz | Sie galten als eine wahlentscheidende Gruppe: Frauen in den Suburbs, den Vorstädten. Vornehmlich weiß, gut ausgebildet, mit mindestens zwei Kindern und als Mittelschichtlerinnen finanziell gut ausgestattet. Man nennt sie auch „Soccer Moms“: Sie sind wenig oder kaum berufstätig und vor allem damit beschäftigt, ihre Kinder zum Klavier- oder Geigenunterricht und zum Fußball zu fahren.

Vor vier Jahren noch stimmte etwa die Hälfte der weißen Frauen für Donald Trump, bei den weißen Frauen ohne Studienabschluss waren es in Wisconsin sogar 56 Prozent. Das sollte sich diesmal ändern: Nur 43 Prozent der Frauen stimmten für ihren einstigen Helden Trump, dafür rund 56 Prozent für Biden. Das sind sogar 2 Prozentpunkte mehr, als 2016 die demokratische Kandidatin Hillary Clinton unter den Frauen für sich einnehmen konnte.

Warum die Abkehr vieler Frauen von Trump?

Das Problem ist weniger das, wofür Trump politisch steht – gegen Abtreibung und für eine sehr freie Wirtschaft plädieren viele Frauen nach wie vor. Es ist vor allem die Person, der Mann Trump, dem sie kritisch gegenüberstehen. Da ist sein breitbeiniges Machogehabe, sein hilfloses und verlogenes Coronamanagement mit mittlerweile 230.000 Toten, da sind seine offenen Aufrufe zu Gewalt. Denn was die Frauen für sich und ihre Familie beanspruchen, ist Ruhe. Nichts soll ihre Vorstadtidylle stören.

Relativ selbstsicher setzte Trump in den vergangenen Wochen auf die Vorstadtfrauen, er ging davon aus, ihre Stimmen sicher zu haben, und twitterte, dass ihn die Vorstadtfrauen wählen werden. Diese Gewissheit wich dann allerdings rasch, und bei einem seiner letzten Wahlkampfauftritte in Pennsylvania flehte Trump die Frauen regelrecht an: „Frauen in den Vororten, könnt ihr mich bitte mögen.“

Sein Wahlkampfteam verteilte pinkfarbene Schilder mit der Aufschrift „Women for Trump“, die sie in ihre Vorgärten stellen sollten. Manche Frauengruppen hingegen bastelten eigene Schilder: „Trump Pence out now“. Es gab Initiativen „Republicans against Trump“ von Frauen, die sich nach wie vor als republikanisch verstehen, aber mit Trump unzufrieden sind.

In Umfragen gaben viele Frauen an, ihre Entscheidung für Trump 2016 mittlerweile zu bereuen. Ihre Stimme für die Demokraten indes ist keine für deren Kandidaten Joe Biden, sondern eine gegen Donald Trump.

Seit die USA 1920 das Frauenwahlrecht flächendeckend eingeführt haben (nachdem Frauen vorher schon in einzelnen Bundesstaaten und Countys wählen durften), sind Frauen mit ihren Stimmen nicht zu unterschätzen. Denn sie haben mitunter ihre eigene Agenda.

Frauenrechte stehen auf dem Spiel

Da ist zum Beispiel das Recht auf Abtreibung. 73 Prozent der Amerikaner*innen möchten, dass das Recht auf einen Schwangerschaftsabbruch erhalten bleibt. Die von Trump durchgepeitschte Wahl der ultrakonservativen Juristin Amy Coney Barrett als Richterin am Supreme Court sehen sie äußerst kritisch. Und das nicht nur, weil Coney Barrett eine eisenharte Abtreibungsgegnerin ist.

Da sind die „Women's marches“, die Frauenmärsche, die auch in diesem Jahr in Washington und anderswo stattfanden. Die Frauen demonstrierten dafür, selber bestimmen zu dürfen, wann und wie viele Kinder sie bekommen, für legale Migration, für Klimaschutz. Alles Positionen, die Trump in ihren Augen vehement bekämpft. Viele Frauen haben Trumps Sexismus satt, sie werfen ihm Unmenschlichkeit vor, wenn er Kinder von ihren Eltern trennt, die illegal die US-Grenze übertreten, sogar Babys wurden den Eltern weggenommen.

Die Frauen spüren: Mit den Frauenrechten ging es jahrzehntelang bergauf, jetzt steht vieles davon auf dem Spiel. Sie sehen ihre weitgehende Unabhängigkeit und Freiheit als Frauen gefährdet.

Aber es gibt auch die anderen Frauen, jene, denen das alles egal zu sein scheint. Die noch konservativer und rassistischer zu sein scheinen als Trump. Marjorie Taylor Greene aus Georgia, die als politische Newcomerin jetzt ins Repräsentantenhaus einzieht, könnte man als Prototyp für diese „anderen“ Frauen bezeichnen. Greene ist nicht nur erzkonservativ und rassistisch, sondern eine offene QAnon-Anhängerin, Waffennärrin und Verschwörungsideologin.

Allein die Polarisierung innerhalb der weiblichen Bevölkerung verdeutlicht, wie tief der Riss durch die amerikanische Gesellschaft geht. Den wird auch ein möglicher Präsident Joe Biden nicht schließen können.

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5 Kommentare

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  • Der Riß, den Sie richtig konstatieren, ist nicht zu verstehen und nicht zu beheben, wenn die linken ('woken') Identitären nicht mit in die Gleichnung einbezogen werden. Diese sind mittlerweile machtvolle Akteure, die die politischen Diskurse betimmen.

    Linke und rechte Identitäre schaukeln sich wechselseitig hoch - die einen sind das Spiegelbild der anderen:

    Wenn linke Identitäre 'die Weißen' und 'die Männer' radikal abwerten - als die Ursache allen Übels der Welt - folgen die rechten Identitären mit einer ÜBERhöhung der Weißen und der Männer.

    Worauf wiederum die linken Identitären mit noch heftigeren Angriffen auf 'die Weißen' und 'die Männer' antworten -----

    Es handelt sich bei Beiden um politische Extrempositionen, die sich wechselseitig bedingen und hervorbringen.

    Was wir brauchen, ist anstelle dessen eine differenzierte (vermittelnde) Sicht, die in der Lage ist Schattierungen abzubilden. Was wir brauchen ist ein Überwinden des Sündenbockdenkens - ein altes Erbe der Menschheit, in das zurückzufallen, wir immer in Gefahr sind - es ist so einfach, und es tut so gut, einen Feind zu haben, der einfach nur böse ist.

  • Liggers.

    “ Seit die USA 1920 das Frauenwahlrecht flächendeckend eingeführt haben (nachdem Frauen vorher schon in einzelnen Bundesstaaten und Countys wählen durften), sind Frauen mit ihren Stimmen nicht zu unterschätzen. Denn sie haben mitunter ihre eigene Agenda.…“ Ach was!

    kurz - Da “die Revolution bekanntlich eine Frau ist!“



    Nö. “Ick wundere mir über jarnischt mehr“



    www.youtube.com/watch?v=r9P0uePlxDc



    " Otto Reutter

    Ein schlecht rasierter Mann mit Stielaugen, der aussieht wie ein Droschkenkutscher, betritt in einem unmöglichen Frack und ausgelatschten Stiefeln das Podium. Er guckt dämlich ins Publikum und hebt ganz leise, so für sich hin, zu singen an.



    Diese Leichtigkeit ist unbeschreiblich. Es ist gar nicht einmal alles so ungeheuer witzig, was er singt, das kann es wohl auch nicht, denn er singt da gerade das zweitausendvierhundertachtundzwanzigste Couplet seines Lebens, und so viele gute gibt es nicht: aber dieser Fettbauch hat eine Grazie, die immer wieder hinreißt.



    Die Pointen fallen ganz leise, wie Schnee bei Windstille an einem stillen Winterabend. Von den politischen will ich gar nichts sagen. Der Mann hat im Kriege geradezu furchtbare Monstrositäten an Siegesgewißheit von sich gegeben – so die typische Bierbankseligkeit des Hurras, die zu gar nichts verpflichtete, bei der schon das Mitbrüllen genügte. Und wenn er heute politisch wird, dann sei Gott davor. Nicht, weil mir die Richtung nicht paßt – sondern weil die Texte verlogen sind.



    Diese Pille vorweggenommen: Welch ein Künstler –! Alles geht aus dem leichtesten Handgelenk, er schwitzt nicht, er brüllt nicht, er haucht seine Pointen in die Luft, und alles liegt auf dem Bauch. Ein Refrain immer besser als der andre – wie muß dieses merkwürdige Gehirn arbeiten, dass es zu jeder lustigen Endzeile immer noch eine neue Situation erfindet. Und was für Situationen!

    Ein Refrain hieß: »In fünfzig Jahren ist alles vorbei!« Heiliger Fontane, hättest du eine Freude gehabt…“ ff Ach was! 🤣

    • @Lowandorder:

      &! Weiter geht’s im Text - 😱 -

      “ – – erst das Klavier endete sie, und er stand da und machte ein dummes Gesicht. Und sah aus wie ein Kuhbauer und entzückte und charmierte durch seine Grazie. Wenn dich der Zahnarzt, sang er, an einem Zahn durchs Zimmer schleift, und es will gar nimmer enden – »dann mach dir nichts aus der Schweinerei, denn in fünfzig Jahren ist alles vorbei ... !«





      Und dann ein Lied, meisterhaft, in total besoffenem, von nichts ahnendem Tonfall gesungen: »Ick wunder mir über jahnischt mehr –!« Abends käme er nach Hause, sang er, und da –



      Da steht vor meine Kommode 'n Mann –



      Der sagt: »Sie! Fassen Se mal mit an!



      Alleene is mir det Ding zu schwer ... «



      Ick wunder mir über jahnischt mehr –



      Und dazu ein Mondgesicht, unbeteiligt, mild leuchtend durch die Wolken – was soll man dazu sagen?



      Die Leute sagen auch gar nichts, sondern liegen unter dem Tisch, und wenn sie wieder hochkommen, dann verbeugt sich da oben ein dicker und bescheidener Mann, der gar nichts von sich hermacht, obgleich er ein so großer Künstler ist.











      Peter Panter



      Die Weltbühne, 06.01.1921, Nr. 1, S. 28,



      wieder in: Mona Lisa.

      www.textlog.de/tuc...-otto-reutter.html

      kurz&knapp - “In fünfzig Jahren ist alles vorbei“ & Die Melodie blieb auf ›vorbei‹ in der Terz hängen - Zu recht - 😂 -

  • 8G
    82286 (Profil gelöscht)

    "Den wird auch ein möglicher Präsident Joe Biden nicht schließen können."



    Abwarten.



    Sollten sich die Vereinigsten Staaten von Amerika dazu durchringen können eben jene zu bleiben, wird sich auch jemand finden, der die Wunden heilen kann-.

  • Der Logik von Frau Schmollack zufolge fühlen sich schwarze Frauen von Trumps Gehabe also angezogen oder wie sollte man es sich sonst erklären, dass er seine Stimmanteile in dieser Wählergruppe deutlich vergrößern konnte? ("Nachwahlbefragungen zeigen, dass Donald Trump nicht nur bei schwarzen Männern und Frauen, sondern auch bei Latino-Wählern gegenüber 2016 zugelegt hat. 18 Prozent der schwarzen Wähler gaben laut einer Datenerhebung von CNN Trump ihre Stimme – fünf Prozentpunkte mehr als noch vor vier Jahren." www.zeit.de/politi...nald-trump-erfolg)