Kommentar: Jean-Philipp Baeck über Aids-Aufklärung
: Kein Schnee von gestern

Wenn die Aidshilfe Bremen als bundesweit erste Einrichtung mit einer Aufklärungs-App fürs Smartphone startet, dann wirkt das auf den ersten Blick albern. Über Aids wissen doch alle Bescheid, könnte man einwenden. So einfach ist es aber nicht. Denn Aids-Aufklärung wird von verschiedenen Seiten torpediert.

Die Zeiten Rita Süssmuths und groß angelegter staatlicher Aufklärungs-Kampagnen sind vorbei. Verrückte, die Aids für eine Lüge der Pharma-Industrie erklären, gibt es immer mehr. Aber vor allem: Heute wächst eine Generation heran, die mit einer HIV-Infektion nicht mehr die todbringende Krankheit verbindet. Mittlerweile ist der HI-Virus mit Medikamenten so in den Griff zu bekommen ist, dass Aids nicht ausbricht. Hört man Teenager von heute, so wird klar, dass sie mit dem Schutz durch Kondome sehr viel laxer umgehen. Eine Fehleinschätzung. Denn eine HIV-Infektion bleibt eine schwere, unheilbare Krankheit – abgesehen von der Ansteckungsgefahr mit anderen Geschlechtskrankheiten. Infizierte müssen ihren Medikamenten-Cocktail bis ans Ende des Lebens täglich einnehmen und leiden unter den teilweise schlimmen Nebenwirkungen. Kein Schnee von gestern ist zudem ihre Diskriminierung – dank verbreiteter Unwissenheit.

Soll das Ziel der gerade beendeten internationalen Aids-Konferenz, die Epidemie zu bezwingen, wirklich wahr werden, so darf die Aids-Aufklärung nicht versiegen. Ob mit Flyern, persönlicher Beratung oder, ja, auch mit einer App.