Staatsaffäre Joghurt

Frankreich ist besorgt, dass der Danone-Konzern vom US-Getränkemulti PepsiCo übernommen werden könnte

PARIS taz ■ Nationaler Schulterschluss um den Joghurtbecher: Ganz Frankreich kämpft gegen eine feindliche Übernahme. Der französische Nahrungsmittelkonzern Danone ist der weltgrößte Hersteller von Frischmilchprodukten und Mineralwasser. Er soll nun ins Visier von PepsiCo geraten sein. Der US-Softdrinkkonzern habe – so heißt es in Paris – bereits 3 Prozent der Danone-Aktien erworben. Zudem soll er bereits Banken mit weiteren Aufkäufen beauftragt haben.

„PepsiCo“-Sprecher Mark Dollin hat das Übernahmegerücht schon Anfang Juli in einem trockenen Zweisatzkommentar auf der Homepage des Konzerns als „unwahr“ bezeichnet. Gestern versicherte in Paris auch Franck Riboud, Generaldirektor von Danone, dass es „weit und breit keinen Kontakt zwischen Danone“ und einer ausländischen Gruppe gebe und dass er für die „Unabhängigkeit“ des Konzerns kämpfen werde.

Doch das Gerücht über den Angriff eines US-Konzerns auf ein französisches Nationalheiligtum ist stärker. Staatspräsident Jacques Chirac versprach aus dem fernen Madagaskar, er sei „wachsam“. Regierungschef Dominique de Villepin kündigte die „Verteidigung des nationalen Interesses“ an. Die Opposition verlangt, der Staat müsse eine feindliche Übernahme verhindern. Und Wirtschaftsminister Thierry Breton stellt fest, Frankreich sei „nicht der Wilde Westen“ sondern „ein Rechtsstaat“.

An der Börse wird weiter um die Übernahme spekuliert: Die Aktienwerte von Danone stiegen binnen zwei Wochen um gut 25 Prozent. Nur gestern gaben sie etwas nach: Danone veröffentlichte seine Ergebnisse für das zweite Jahresdrittel. Mit „nur“ 347 Millionen Euro fiel der Gewinn niedriger aus als erwartet.

Vor vier Jahren gab es schon einmal einen Sturm im Joghurtbecher: 2001 schloss Danone zwei Fabriken in Frankreich. Das löste den ersten sozial begründeten Verbraucherboykott im Land aus – gegen den „wild gewordenen Kapitalismus“ von Danone. Heute verteidigen die Franzosen „ihre“ Kapitalisten gegen die US- Unternehmenskultur des hire and fire. Derweil bereitet die Regierung in Paris in aller Sommerruhe ein Gesetz vor, das die so genannte Probezeit in Frankreich auf 24 Monate verlängert. Während dieser Zeit dürfen Beschäftigte zu jedem beliebigen Zeitpunkt und ohne die geringste Begründung entlassen werden. Französische Unternehmenskultur. DOROTHEA HAHN